Milliarden für geniale Ideen

Neuer Staatsfonds DTCF gestartet. Erste Investition: 3D-Druck mit Licht

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Von Björn Hartmann

01. Apr. 2023 –

Es sieht wie Zauberei aus: Licht läuft durch einen Kasten mit Flüssigkeit, nach kurzer Zeit ist ein Würfel in Gitterstruktur entstanden – 3D-Druck der anderen Art. Erfunden hat es die Firma Xolo aus Berlin Und dass die Technologie bald in industriellem Maßstab genutzt werden kann, hat mit einem Förderfonds der Bundesregierung zu tun, der vor kurzem gestartet ist.

Der Deep Tech Climate Fonds (DTCF) soll Firmen wie Xolo voranbringen. Es geht um einmalige Technologie aus Deutschland, die vielleicht ein bisschen wie Science-Fiction klingt, und darum, sie überhaupt auf den Markt zu bringen. Und es geht nicht nur um Software, Datenanalyse oder Quantencomputer. Xolo etwa ist, wie DTCF-Co-Chef Tobias Faupel sagt, ein Chemielabor. Sehr vereinfacht gesagt, kann die Technologie Moleküle in der Flüssigkeit per Licht so ansteuern, dass sie punktgenau erhärten.

Linsen können so entstehen, kleinere Bauteile, künstliche Organe. Testweise haben sie bei Xolo auch schon ein durchsichtiges Brandenburger Tor gedruckt – wobei das Verfahren mit der klassischen Art, bei der Material schichtweise aufgebracht wird, nichts zu tun hat. „Der Prototyp ist in vielen Forschungseinrichtungen im Einsatz, jetzt muss das neue 3D-Druckverfahren auf einen industriellen Maßstab gebracht werden“, sagt Faupel – mit Geld vom DTCF. Acht Millionen Euro gab der Fonds gemeinsam mit privaten Investoren.

Deep Tech steht für sehr technologisch orientierte Firmen wie Xolo. Es können auch Unternehmen sein, die tierische Produkte über neuartige Verfahren herstellen – Fleisch aus der Petrischale etwa. In der Folge wäre weniger Tierhaltung nötig und damit weniger CO2-Ausstoß. Climate Tech ist Faupel zufolge alles, was auf die Energiewende einzahlt: neuartige Batterien und Speicher oder Ideen für stabile Stromnetze.

Eine Milliarde Euro hat der Fonds insgesamt zur Verfügung. Und er startet, während viele private Risikokapitalgeber vorsichtiger investieren. Im vergangenen Jahr flossen nach Angaben der staatlichen Förderbank KfW insgesamt 10,5 Milliarden Euro in deutsche Start-ups nach 18 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Der Bedarf für den DTCF ist also da. Faupel berichtet von mehr als 830 Anfragen bisher. Die meisten treffen per E-Mail oder online ein. Zunächst ist nur ein Kurzbusinessplan nötig. Viele Firmen erhielten danach Absagen – weil sie aus dem Ausland kamen, zu viel Geld brauchten oder noch zu jung waren.

Wer noch am Anfang steht, eine Idee und einen Plan hat, wie das Unternehmen groß wird, benötigt zunächst sogenannte Seed-Finanzierung, die den Samen des Unternehmens aufgehen lässt. Üblich sind rund drei Millionen Euro. Hier gibt etwa der Hightech-Gründerfonds (HTGF) des Bundeswirtschaftsministeriums oder andere Frühphasen-Investoren Geld.

„Wir investieren typischerweise in der zweiten Finanzierungsrunde“, sagt DTCF-Co-Chef Faupel. Das Unternehmen habe schon ein Produkt, vielleicht einen Pilotkunden und nachprüfbare Ideen, wie sich das Produkt vermarkten lasse. Oft gebe es bereits erste Industrieanfragen. „Wir helfen dann mit unserem Geld, das Produkt im industriellen Maßstab herzustellen und auch zu vermarkten.“ In dieser Series A genannten Finanzierungsrunde gibt es typischerweise zwischen fünf und 20 Millionen Euro, von denen der DTCF die Hälfte trägt.

Denn der Fonds allein kann sich nicht an einem Unternehmen beteiligen. „Wir benötigen immer einen Partner“, sagt Faupel. Partner, die langfristig anlegen, etwa ein Family Office, das Geld reicher Familien oder Unternehmer verwaltet. „Die treten auch an uns heran und machen uns auf Unternehmen aufmerksam.“ Bei Xolo sind drei weitere Investoren dabei. Und sollte eine Firma eine weitere Finanzierungsrunde benötigen, kann der DTCF nachlegen. „Bis zu insgesamt 30 Millionen Euro pro Firma sind von uns aus möglich“, sagt Faupel. Auch eine andere Grenze darf der Fonds nicht überschreiten: Er kann höchstens 25 Prozent an einer Technologiefirma übernehmen – damit sie keine Staatsbeteiligung wird.

Eine Idee hinter dem Fonds: „Die Gründer sollen keinen kurzfristigen Verkaufsdruck spüren und langfristig eigenständig sein“, sagt Faupel. Finanzinvestoren kalkulieren bei ihren Investitionen in der Regel mit deutlich kürzeren Zeiträumen meist deutlich unter zehn Jahren, dann wollen sie Ertrag für das eingesetzte Geld – etwa über einen erfolgreichen Börsengang. Die Firmen reif für die Börse zu machen ist auch Ziel des DTCF. Denn: „Das Kapital soll sich vermehren, wir fördern nicht, wir finanzieren.“ Allerdings mit deutlich weniger Druck und deutlich längerem Zeithorizont. Bis zu 25 Jahre sind drin.

Zunächst ist Investitionsphase. „Über zehn Jahre wollen wir 70 bis 80 Beteiligungen eingehen“, sagt Faupel, der den Fonds gemeinsam mit Elisabeth Schrey leitet. Und das Team wächst noch. Insgesamt sollen für den Fonds mit Sitz in Bonn und geplanten Büros in München und Berlin bis zu 20 Spezialisten arbeiten, die sich in verschiedenen technischen Gebieten auskennen. Um ein Unternehmen dann tiefgehend zu überprüfen, werden Experten hinzugezogen. In diesem Jahr sind mindestens vier Investitionen geplant, die nächste wahrscheinlich schon nach Ostern.

Der DTCF startete am 1. September 2022 und ist Teil des staatlichen Zukunftsfonds. Letzterer ist zehn Milliarden Euro bis 2030 ausgestattet. Gesellschafter des DTCF sind die KfW für den Zukunftsfonds und das ERP-Sondervermögen. Letzteres verwaltet den deutschen Teil des Geldes aus dem Marshallplan.

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