Milliardengeschenke für Banken

Zentralbank leiht Kreditinstituten hunderte Milliarden Euro zu Mini-Zinsen. Warum macht die EZB das?

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Von Hannes Koch

29. Feb. 2012 –

Über derartige Kreditzinsen würde sich jeder Bürger freuen – ein Prozent pro Jahr. Für 100.000 Euro müsste man nur 1.000 Euro Zinsen zahlen. Aber Bürger sind keine Banken. Während erstere für einen Immobilienkredit fünf Prozent berappen, bekommen Kreditinstitute Geld von der Europäischen Zentralbank zu Kosten, die weit unter der Inflationsrate liegen. Warum ist das so?


Rund 800 Banken europaweit durften sich am Mittwoch 529,5 Milliarden Euro von der EZB leihen. Mit den außergewöhnlichen niedrigen Zinsen von einem Prozent und der langen Laufzeit von drei Jahren will die Notenbank sicherstellen, dass der Geldverkehr intakt bleibt und keine Bank einen Bankrott erleidet. Die günstigen Konditionen sollen die Institute animieren, das Geld der EZB anzunehmen und in Form von Krediten und Auszahlungen an die Bürger und Unternehmen weiterzugeben.


Bereits im vergangenen Dezember hatte die EZB zu einer solchen Maßnahme gegriffen. Grund: Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise und des Wertverfalls von Staatsanleihen befürchtet manche Bank, das andere Institute pleitegehen. Deswegen leihen sich die Kreditinstitute gegenseitig weniger Geld, was wiederum zu Zahlungsschwierigkeiten führen kann. Um diesen Teufelskreis zu unterbrechen, stellt die Notenbank den Banken hunderte Milliarden Euro zur Verfügung.


Das billig aufgenommene Geld investieren die Geldhäuser aber nicht nur in Kredite für Bürger und Firmen, sie kaufen davon auch Staatsanleihen von Euro-Staaten, für die sie von diesen deutlich höhere Zinsen erhalten. Die Differenz zwischen den beiden Zinssätzen beträgt nicht selten mehrere Prozentpunkte zugunsten der Banken. Mittels des Umwegs über die Institute finanziert die EZB auf diese Weise auch verschuldete Regierungen. Den direkten Kauf von Staatsanleihen lehnt die EZB ab, weil er nach weit verbreiteter Rechtsmeinung durch die europäischen Verträge verboten ist.


Der grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick kritisiert, dass die Notenbank die billigen Kredite ohne jegliche Bedingung vergebe. Die Geldhäuser könnten die Mittel und Zinsgewinne also zum Teil auch an ihre Aktionäre ausschütten oder in Bonuszahlungen für ihre Manager investieren.

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