Mindestlohn unter Beschuss

Koalitionsvertrag: Konsenspunkte von Union und FDP

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Von Hannes Koch

22. Okt. 2009 –

Union und FDP stellen die von der großen Koalition beschlossenen Mindestlöhne wieder in Frage. Das geht aus dem Entwurf des nahezu vollständigen Koalitionsvertrages hervor, der uns vorliegt. Vor dem vermutlichen Abschluss der Verhandlungen am Samstag fassen wir wichtige Konsenspunkte zusammen.


Arbeitsmarkt

Die beiden Parteien haben sich darauf verständigt, „die gesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn bis Oktober 2011 zu evaluieren“. Die Überprüfung soll Erkenntnisse darüber liefern, ob die Untergrenze für die Bezahlung Jobs vernichtet oder gefährdet. Danach wollen die Koalitionäre entscheiden, „ob die geltenden Mindestlohnregelungen Bestand haben oder aufgehoben werden sollten“. Die große Koalition aus Union und SPD hat in den vergangenen Jahren mehrere Branchen mit Mindestlöhnen ausgestattet, darunter die Abfallwirtschaft und die Pflegeberufe. Diese Regelungen sind nun potenziell gefährdet.


Hartz IV

Die FDP hat einen Einstieg in ihr Bürgergeld-Konzept durchgesetzt. Man will versuchen, „die Energie- und Nebenkosten sowie gegebenenfalls die Kosten der Unterkunft zu pauschalieren“. Hartz-IV-Empfänger bekämen dann nicht mehr ihre tatsächlichen Kosten erstattet, was für manche mit herben Einbußen einhergehen dürfte. Die beiden Parteien wollen dabei aber „regionale Besonderheiten“ berücksichtigen.


Bundeshaushalt

Um das Defizit im Budget zu reduzieren, nehmen sich Union und FDP vor, dass das „Ausgabenwachstum unter dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts bleiben muss“. Weil die Einnahmen unter dieser Voraussetzung schneller stiegen als die Ausgaben, würde das Etatloch schrumpfen. Als weitere Sparmaßnahmen nennen Union und FDP die Deckelung der Bundeszuschüsse für die Sozialversicherungen: „Ein weiteres Anwachsen der Bundesleistungen über die bestehenden Regelmechanismen hinaus ist nicht möglich“. Werden die Sozialsysteme trotzdem teurer, müssten folglich die Bürger höhere Beiträge zahlen oder mehr Leistungen privat versichern. Neben dem ausgelagerten Parallel-Haushalt zur Finanzierung der Defizite der Bundesagentur für Arbeit enthält der Koalitionsvertrag einen weiteren potenziellen Schattenetat. Die bestehende Verkehrsinfrastrukturgesellschaft soll das Recht erhalten, Kredite aufzunehmen, um Straßen zu bauen.


Unternehmensteuer

Mit einem Sofortprogramm wollen Union und FDP die Unternehmensteuerreform der großen Koalition „teilweise korrigieren“. Einige der Maßnahmen sollen schon zum 1. Januar 2010 greifen. Konzerne und mittelständische Firmen erhalten die Möglichkeit, höhere Beträge von der Gewinnsteuer abzusetzen. Die Energiesteuer will die neue Regierung auf das Niveau der ersten Stufe der Ökosteuerreform von 1999 zurückführen. Auch das würde Firmen entlasten.


Erbschaftsteuer

Geschwistern, Nichten und Neffen von Verstorbenen versprechen Union und FDP niedrigere Steuersätze. Ferner räumt man Firmennachfolgern das Recht ein, mehr Jobs abzubauen ohne die Freistellung von der Erbschaftsteuer zu verlieren.



Kartellrecht

Energiekonzerne oder Banken müssen sich darauf einstellen, dass ihnen das Bundeskartellamt künftig mit einem sogenannten „Entflechtungsinstrument“ auf den Leib rückt. Zu große Unternehmen, die den Markt beherrschen, können dann aufgespalten werden. Außerdem wollen sich die Koalitionäre für die Gründung eines europäischen Kartellamtes einsetzen.


Verbraucherschutz

Hier hat die FDP Verbesserungen gegenüber der aktuellen Rechtslage durchgesetzt. „Das geltende Verbraucherinformationsgesetz wird reformiert und auf alle Produkte und Dienstleistungen ausgedehnt“, heißt es im Vertragsentwurf. Unternehmen müssten dann mehr Informationen herausrücken.

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