Moderne Seeräubernester

Kommentar zu Steueroasen von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

18. Jun. 2013 –

Rhetorisch geht es voran. Selbst der wirtschaftsfreundliche britische Premierminister James Cameron will Kapitalflucht in Steueroasen jetzt erschweren. Zwei Beweggründe spielen dabei eine Rolle: Cameron brauchte ein Thema für den G8-Gipfel der alten Industrienationen, der am Dienstag zu Ende ging. Außerdem benötigt auch eine konservative Regierung Geld. Öffentliche Mittel aber sind auf den britischen Inseln unter anderem deshalb knapp, weil Unternehmen, Banken und Fonds viel Kapital außerhalb des Landes verstecken und damit der Steuer entziehen.


Isle of Man, Jersey, die Jungfern- und Kaimaninseln – die ehemalige Kolonialmacht verfügt noch immer über ein Dutzend moderner Seeräubernester, deren schädliche Praktiken sie bisher toleriert. Damit soll angeblich bald Schluss sein. Die Regierung in London will ihren abhängigen Territorien aufzwingen, dass diese Firmenregister führen müssen. Wenn das funktioniert, könnten britische Finanzämter leichter Informationen über hinterzogenes Kapital beschaffen – ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Denn warum sollen die normalen Bürger zahlen, die Kapitalinvestoren aber nicht?


Idealtypisch könnten auch die deutschen Finanzämter an der neuen Informationsfülle teilhaben. Das wäre gut, denn hiesige Steuerpflichtige verstecken ihr Geld ebenso gerne in Fonds, Stiftungen und Firmengeflechten, die auf den Palmeninseln residieren. Die Bundesregierung verspricht nun, dass eine neue Phase internationaler Kooperation beginnt.


Mal sehen. Es bleiben noch einige Fragen zu klären. Können deutsche Finanzbeamte dann mit Hilfe der Briten auf den Kaimaninseln ohne Komplikationen recherchieren? Werden die dortigen Banken und Stiftungen Auskunft über Namen, Kontobewegungen und angelegtes Kapital erteilen, das ihnen aus Wuppertal, Starnberg und Baden-Baden zugeflossen ist? Wenn ja, wäre das ein wichtiger Schritt zur Zivilisierung der globalen Wirtschaft. Wenn nein, hätte der G8-Gipfel eine weitere hohle Phrase produziert. Den Ankündigungen sollte man erst glauben, wenn sie tatsächlich umgesetzt werden.

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