Neue Öko-Umlage soll Windparks finanzieren

Bundesregierung erwägt Aufschlag auf Stromrechnung

Teilen!

Von Hannes Koch

22. Mai. 2012 –

Auf die Stromverbraucher kommen zusätzliche Kosten zu. Mittels eines neuen Aufschlages auf den Strompreis will die Bundesregierung die Kunden - vornehmlich private Verbraucher, aber auch Firmen - an den Ausgaben für die Windparks auf Nord- und Ostsee beteiligen.

Das Thema steht auf der Tagesordnung des Gesprächs über die Energiewende zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch in Berlin. Dieses Treffen hat Bundeskanzlerin Merkel anberaumt, um zahlreiche Probleme zu lösen. Nach dem Abtritt von Ex-Umweltminister Norbert Röttgen und der Ernennung seines Nachfolgers Peter Altmaier will die Kanzlerin neuen Schwung in die Energiepolitik bringen.

Schwierigkeiten gibt es unter anderem beim teuren und wenig erprobten Bau von Unterwasserkabeln, die die Windparks draußen auf Nord- und Ostsee mit dem Festland verbinden sollen. Im Gesetzentwurf, der dieser Zeitung vorliegt, heißt es deshalb: „Die Kosten werden im Rahmen einer Offshore-Anbindungsumlage bundesweit gewälzt und in den Stromrechnungen ausgewiesen.“

Die Umlage soll ähnlich funktionieren wie die heutige Finanzierung des Ökostroms. Privathaushalte bezahlen zur Zeit 3,59 Cent pro Kilowattstunde. Vermutlich macht der zusätzliche Wind-Zuschlag nur einen Bruchteil davon aus. „Die Höhe und Ausgestaltung einer Umlage für die Meereswindparks und ihre Anbindung ist noch nicht festgelegt,“ sagt CDU-Energiepolitikerin Maria Flachsbarth, „uns muss aber klar sein, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif funktioniert.“

Das Gesetz hilft vor allem einem Unternehmen aus der Patsche: dem niederländischen Staatskonzern Tennet. Ihm gehört das deutsche Stromnetz, durch das die Windenergie von der Nordsee an Land fließen soll. Vor einem halben Jahr hat Tennet jedoch eingeräumt, mit dem weiteren schnellen Bau der Anschlüsse finanziell überfordert zu sein.

Zur Begründung sagt Firmen-Sprecherin Ulrike Hörchens: „Tennet kann nur dann weitere Investoren für die Anbindung der Offshore-Windparks gewinnen, wenn zuvor die Haftungsfrage klar geregelt wird.“ Nach gegenwärtiger Rechtslage müsste die Netzfirma hohen Schadenersatz an die Besitzer von Windparks zahlen, falls die Anschlussleitungen nicht rechtzeitig fertig werden oder defekt sind. Einen großen Teil der finanziellen Haftung für Ausfälle will die Bundesregierung künftig auf die Stromkunden umlegen.

Nun kann man sich fragen, warum die Verbraucher Geld aufbringen sollen, das die Netzfirma sparen will. Tennet argumentiert, der Bau von Unterwasserkabeln sei aufwändiger als bei Leitungen an Land, weniger erprobt und deshalb kostenträchtiger. Davon abgesehen hat die niederländische Firma die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen wohl unterschätzt, als sie dem E.ON-Konzern dessen Hochspannungsnetz abkaufte.

Wie dem auch sei – die Regierung scheint bereit, den Investoren einen Teil des Risikos abzunehmen. „Es geht darum, den Erbauern von Leitungen und Windparks die Refinanzierung ihrer Kosten und eine akzeptable Rendite zu ermöglichen,“ sagt die niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Flachsbarth.

Damit nicht genug – größere Fragen stehen an. Tennet-Sprecherin Hörchens: „Ein Unternehmen alleine kann die in den kommenden zehn Jahren nötigen Investitonen von etwa 15 Milliarden Euro in Offshore-Anschlüsse und Gleichstromtechnik nicht schultern.“ Die Firma will die Verantwortung, die sie augenblicklich noch alleine hat, auf mehrere Unternehmen verteilen und hat deshalb die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft vorgeschlagen. Eine mögliche Beteiligte wäre auch die öffentliche KfW-Bankengruppe, wodurch die öffentliche Hand abermals Geld gäbe.

Info-Kasten
Themen des Energiegipfels
Um die Belastungen der Verbraucher durch den Strompreis zu senken, plädieren einige Bundesländer für die Verringerung der Stromsteuer. Die Bundesregierung lehnt das ab.
Der Ausbau der Hochspannungsleitungen an Land kommt zu langsam voran. Die Regierung fordert die Länder auf, ihn zu beschleunigen.
Bisher gibt es keine Einigung darüber, wer die Kosten der ökologischen Gebäudesanierung trägt.
Die 16 Bundesländer planen nach Ansicht der Bundesregierung so viele Ökokraftwerke, dass ein Überangebot droht.
Wie soll man Kohle- und Gaskraftwerke finanzieren, wenn durch den steigenden Anteil des Ökostroms ihre Rentabilität sinkt – gibt es auch hier eine öffentliche Förderung?

« Zurück | Nachrichten »