Neuer Apothekenriese im Internet

Doc Morris und der Marktführer Europa Apotheek Venlo tun sich zusammen

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Von Wolfgang Mulke

21. Jun. 2010 –

 

 

Die beiden Gesundheitsunternehmen Celesio aus Deutschland und Medco aus den USA wollen künftig gemeinsam den Markt aufmischen. Dazu wurde eine Firma mit Sitz in Amsterdam gegründet, an der beide Seiten je zur Hälfte beteiligt sind. In einem ersten Schritt wollen die Konzerne ihre Internetapotheken zusammenschließen. Celesio versendet unter dem Namen Doc Morris Arzneien, Medco verfügt mit der Europa Apotheek Venlo über einen starken Handelsarm. Dies teilten beiden Unternehmen am Montag in Berlin mit. Ob die Markennamen erhalten bleiben, oder sich die Kunden auf ein neues Label einstellen müssen, ist nach Angaben von Celesio-Vorstandschef Fritz Oesterle noch nicht entschieden. Im Onlinegeschäft entsteht ein Riese. „Wir werfen die zwei größten europäischen Versandapotheken zusammen“, erläutert Oesterle. In den nächsten fünf Jahren peilt das Management einen jährlich zweistelligen Millionengewinn an.

 

Mit dem Gemeinschaftsunternehmen haben die Muttergesellschaften aber noch weitaus mehr vor. Das Joint-Venture will mit Dienstleistungen rund um die Betreuung chronisch Kranker auch die anhaltenden Finanzprobleme der europäischen Gesundheitssysteme mildern und gleichzeitig die Therapieergebnisse verbessern. Vereinfacht gesagt analysieren ihre Experten die Arzneimittelversorgung der Patienten, decken Fehler bei der Behandlung oder der Einnahme auf und optimieren dann die Therapie. Was das bringen kann, schildert der Vorstandsvorsitzende von Medco, David Snow. So können die Diabetes-Patienten des Unternehmens in den USA einerseits ein besseres Lebens führen, weil sie ein mit dem Unternehmen und Ärzten gemeinsam erarbeitete Behandlungsschema einhalten. Andererseits verringern sich die Risiken von Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Erblindung durch eine Fehlbehandlung. Das spart dem Gesundheitssystem erhebliche Folgekosten. Diese Möglichkeit gebe es für alle chronischen und komplexen Behandlungen, sagt Snow. Das Gemeinschaftsunternehmen will diese Idee nun den europäischen, auch den deutschen Gesundheitspolitikern schmackhaft machen. Die Signale seien positiv, berichtet Oesterle. Das Konzept jedoch auch einen langen Zeitraum angelegt.

 

Der Nachteil ist, dass bisher keine Stelle für eine derartige Dienstleistungen bezahlen würde. Da hoffen die Unternehmen auf den aus der Finanznot resultierenden Zwang zu effizienteren Behandlungsformen. „Wir sind überzeugt, dass wir in Zukunft andere Vergütungssysteme bekommen“, sagt der Manager. Drittes Standbein des Gemeinschaftsunternehmens sind hochspezialisierte Medikamente, zum Beispiel gegen Krebs. Diese oft sehr teuren Arzneien müssen oft per Infusion verabreicht werden. Medco konzentriert sich darauf, die Patienten in die Lage zu versetzen, sich die Wirkstoffe selbst zu verabreichen. So werden die Kosten für die Spritze in der Arztpraxis oder in der Klinik gespart.

 

Medco verfügt über Erfahrungen in diesem Geschäft. Seit 2003 ist das US-Unternehmen an der Börse. Mit Gesundheitsdienstleistungen und dem Pharmaversand setzen die Amerikaner 2009 knapp 60 Milliarden Dollar um. Der deutsche Partner Celesio kommt aus dem Pharmageschäft und kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 21 Milliarden Euro.

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