Nichts ist wie gewohnt

Verbraucher können von den Problemen der Banken profitieren. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

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Von Wolfgang Mulke

10. Jan. 2012 –

Warum leihen Investoren Deutschland Geld und zahlen sogar noch etwas drauf?

 

 

Es kommt immer wieder einmal zu einer anscheinend absurden Situation. Die Käufer von Staatsanleihen, also Pensionsfonds, Versicherungen oder Banken, verzichten nicht nur auf Zinsen, sondern zahlen sogar noch etwas drauf. Das ist zuletzt an diesem Montag geschehen, als die Bundesfinanzagentur zur Auktion rief. Nach Beobachtung der Bremer Landesbank treibt die Suche nach sicheren Häfen für das Geld Investoren zu diesem Verhalten. Denn manche Unternehmen sind rechtlich gezwungen, die von ihnen eingesammelten Spargelder auch anzulegen. Wenn die Nachfrage nach Anleihen höher ist als das Angebot, sinkt zwangsläufig der Zins. In diesem Fall auf einen Wert unter Null.

 

Was bedeutet dies für die öffentlichen Haushalte in Deutschland?

 

 

Mit dieser Entwicklung wird Deutschland zu einem großen Profiteur der Finanzkrise. Denn die Kassenwarte in Bund und Ländern sparen durch die niedrigen Zinssätze bei einer Umschuldung Milliardensummen an Zinsen ein.


Warum bieten die Banken privaten Sparern Spitzenzinsen, wenn sie selbst ihr Geld praktisch verschenken?

 

 

Dieser Widerspruch erklärt sich aus den verschärften Regeln für die Banken. In einem halben Jahr muss die Branche eine deutlich höhere Eigenkapitalausstattung vorweisen. Spareinlagen können zum Teil auf das Eigenkapital angerechnet werden. Deshalb sammeln die Banken schon jetzt möglichst viel Geld bei ihren Kunden ein. Da viele Institute auf frisches Geld angewiesen sind, konkurrieren sie über die Zinsen um Kunden.


Sollten Sparer die Angebote annehmen?

 

 

Die Stiftung Warentest sieht in den Offerten, die bis zu vier Prozent auf das Tagesgeld bringen können, keine sonderlichen Risiken. „Die Refinanzierung über den Kleinsparer ist grundsätzlich ein seriöser Weg“, sagt deren Zinsexpertin Marion Weitemeier. Anleger sollten auf die Konditionen schauen, zum Beispiel auf den Zeitraum, über den der gute Zins zugesagt wird. In der Vergangenheit gab es hier immer wieder Lockvogelangebote.


Können Sparer den Banken vertrauen und bekommen sie ihr Geld auch sicher zurück?

 

 

Alle Banken, Sparkassen oder Genossenschaftsbanken, die in Deutschland als Bank zugelassen sind, unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung. Im Falle einer Pleite sind damit Guthaben von bis zu 100.000 Euro geschützt. Die meisten Institute sind zudem Mitglied eines weiter reichenden Rettungsschirms. Anleger sollten daher darauf achten, dass die von ihnen gewählte Bank der gesetzlichen Einlagensicherung angehört. Die Garantie gilt zum Beispiel für Festgeld, Tagesgeldkonten und Sparbriefe.


Was machen die Banken mit den vielen Milliarden, die sie von der EZB billig bekommen?

 

 

Das Angebot der Europäischen Zentralbank (EZB), für nur ein Prozent Zins so viel Geld auszuleihen wie gewünscht, haben die Banken gerne angenommen. Denn sie leihen sich untereinander nur noch ungern etwas. Es fehlt das Vertrauen, dass andere Banken Kredite womöglich nicht mehr zurückzahlen können. Mit den Darlehen der EZB haben die Banken genügend Mittel, um ihr Geschäft weiter zu betreiben. Außerdem sollten sie damit Staatsanleihen kaufen, damit die europäischen Länder alte Schulden durch neue ersetzen können. Das geschieht bisher nur in geringem Umfang. Experten gehen davon aus, dass die Banken aufgrund der geringen Kosten jede Menge Kapital für Notfälle horten.


Warum parken sie das Geld gleich wieder bei der Zentralbank?

 

 

Auch dieses Verhalten ist auf das fehlende Vertrauen der Finanzunternehmen untereinander zurückzuführen. Lieber überweisen die Institute ihre flüssigen Mittel für einen Minizins über Nacht an die EZB, als es zu besseren Konditionen an einen Konkurrenten zu verleihen, der plötzlich pleite sein kann.



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