Ökostrom von Nord nach Süd

Netzbetreiber schlagen den Trassenverlauf für die neue Überlandleitung vor

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Von Hannes Koch

05. Feb. 2014 –

Während die Bayerische Landesregierung den Bau neuer Überlandleitungen einstweilen aufschieben will, haben die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW am Mittwoch ihren Vorschlag für den Verlauf der geplanten Stromtrasse Südlink vorgestellt. Die etwa 800 Kilometer lange Leitung soll Windstrom von Schleswig-Holstein nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren. „Wir brauchen diese Verbindung“, sagte Tennet-Chef Lex Hartman. „wir brauchen aber auch Akzeptanz von Bürgern und Politik.“

 

TransnetBW-Geschäftsführer Rainer Joswig bezeichnete das Vorhaben als „Rückgrat der Energiewende“. Obwohl die Bundesregierung den Ausbau der Windparks auf See verlangsamen will, halten die Netzbetreiber die neue Leitung weiterhin für notwendig. Ihr Sinn besteht unter anderem darin, in den Industriezentren Süddeutschlands den Strom zu ersetzen, den bisher die Atomkraftwerke lieferten.

 

Der Verlauf der Trasse ist ein Vorschlag. 2015 soll er genau festgelegt werden, 2016 das Planfeststellungsverfahren beginnen. Für 2022 peilen die beiden Firmen an, Strom durch die neuen Leitungen fließen zu lassen. Auf den verschiedenen Stufen des Verfahrens haben die Bürger mehrmals die Möglichkeit sich zu beteiligen. Im Gegensatz zu früher findet aber nur noch ein bundesweites Planverfahren statt. Der Rechtsweg wurde verkürzt, man kann nur noch vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen, nicht mehr zusätzlich vor einem Oberverwaltungsgericht.

 

Die Trasse in Gleichstromtechnik besteht aus einer Reihe bis zu 70 Meter hoher Masten (Kölner Dom: 157 Meter). Daran hängen mindestens zwei Kabelstränge. In der Nähe von Städten und Ortschaften können diese in der Erde verschwinden, was aber teurer ist. Die Gesamtkosten, die die Netzfirmen stemmen müssen, liegen im „unteren einstelligen Milliardenbereich“.

 

Ausgangspunkt ist Wilster bei Itzehoe, wo die Kabel der Meereswindparks und aus Norwegen an Land kommen. Dann geht es vorbei an Stade, Verden (Aller), Hannover, Bad Pyrmont, Kassel und Fulda zum Atomkraftwerk Grafenrheinfeld bei Schweinfurt, das bald abgeschaltet werden soll. Außerdem soll es einen Abzweig oder eine Verlängerung nach Großgartach bei Heilbronn (Baden-Württemberg) geben.

 

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Kanzleichefin Christine Haderthauer fordern währenddessen ein Moratorium für den Bau großer Stromtrassen. Begründung: Die große Koalition wolle die Windparks auf dem Meer einstweilen weniger stark ausbauen. Eine Rolle spielen dürften auch die Bürgerproteste gegen eine Leitung im Südosten. In Bayern finden bald Kommunalwahlen statt.

 

Die gegenwärtige Gesetzeslage spricht jedoch gegen Seehofer. Unter seiner Mitwirkung haben Bundesregierung und Bundestag im vergangenen Jahr drei Nord-Süd-Trassen beschlossen. Eine davon ist Südlink. Der entsprechende Bundesbedarfsplan wird allerdings regelmäßig überarbeitet.

 

Die Geschäftsführer der Netzfirmen zeigten sich am Mittwoch von Seehofers Intervention verunsichert. Tennet-Manager Hartman sagte, dass man Informationsveranstaltungen für die Bürger an der Strecke jetzt erstmal verschiebe. „Vorher brauchen wir eine klare Ansage der Politik.“ Andererseits lud Hartman Bürgerinitiativen an der Trasse ein, sich jederzeit bei ihm zu melden, wenn sie Gesprächsbedarf hätten.

 

Dass es vor Ort zu Protesten gegen das Vorhaben kommt, erscheint sicher. Initiativen gründen sich oft aber erst, wenn der genaue Verlauf einer Trasse bekannt ist. Aktivisten der Bürgerinitiative „Ab in die Erde“, die sich gegen eine andere Höchstspannungsleitung am Westharz wehren, haben unlängst 60 ähnliche Gruppen bundesweit angeschrieben und für die Gründung eines Dachverbandes geworben. Die Reaktion war mau. Nur fünf Briefe kamen zurück.

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