Peter Altmaiers ungewöhnlicher Reformplan

Eine Lösung für die Probleme der Energiewende? Hat der Bundesumweltminister auch nicht

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Von Hannes Koch

11. Okt. 2012 –

Umweltminister Peter Altmaier hat am Donnerstag etwas getan, das in der Politik unüblich ist. Er räumte ein, dass weder er noch andere über einen tragfähigen Plan verfügen. Seine Schlussfolgerung aus der hitzigen Debatte über die Kosten der Ökoenergie fasste Altmaier so zusammen: „Wenn es eilig ist, muss man sich ausreichend Zeit nehmen.“


Und so präsentierte der Bundesumweltminister seinen Entwurf für die Reform der Energiewende, der einerseits die Ziele beschreibt, andererseits ein Verfahren für den Diskussionsprozess. Die politischen Mittel aber, die eigentlichen gesetzlichen Instrumente, ließ Altmaier offen. Wieviel Geld bekommt die Solarenergie künftig, wieviele Windkraftwerke brauchen wir? Solche und andere Fragen will der Minister im kommenden Jahr in einer breiten Debatte mit Bürgern, Interessengruppen und Politik klären.


Bei seiner Pressekonferenz war dem oft lockeren und leichtfüßigen CDU-Politiker anzumerken, dass er unter Druck stand. Die heftige politische Auseinandersetzung setzt ihm zu. Lobbyisten aller Seiten verlangen einen Lösungsvorschlag für das Problem des steigenden Strompreises. Weil immer mehr Energie aus Sonnen- und Windkraftwerken in die Leitungen fließt, wachsen die Kosten zulasten von Privathaushalten und vielen Firmen.


Aber den Knoten zerschlug Altmaier nicht. Im Gegenteil ließ er durchblicken, dass er mit einem fertigen Gesetz bis zur Bundestagswahl 2013 nicht mehr rechne. Und danach muss sich die neue Regierung erst sortieren. Das heißt: Das Gesetz zur Förderung der Erneuerbaren Energien (EEG) wird in der gegenwärtigen Form mindestens bis 2014 bestehen bleiben – und mit ihm die umstrittene Finanzierung der Solarenergie und Windkraft mittels der Ökoumlage.


Der „Verfahrensvorschlag“ des Ministers bietet einen Spagat: Der CDU-Politiker will das EEG als „zentrales Instrument“ der Energiewende erhalten und sogar ausbauen. Gleichzeitig gab er sich überzeugt, dass eine „grundlegende Reform“ unausweichlich sei.


„Ich bin fest davon überzeugt, dass die Energiewende richtig ist“, sagte Altmaier. „Wer sie schlechtreden oder torpedieren will, wird es mit diesem Umweltminister zu tun bekommen.“ Zum Schrecken seiner Kritiker auf dem Wirtschaftsflügel der Union und bei der FDP hielt der Minister sogar einen schnelleren Ausbau der Ökoenergien für sinnvoll. Demnach wird 2020 bereits 40 Prozent des gesamten in Deutschland verbrauchten Stroms aus regenerativen Kraftwerken kommen. Das bisherige Ziel steht bei 35 Prozent. 2050 wird Deutschland demnach fast nur von noch Sonnen- und Windenergie angetrieben.


Das seit 2000 existierende Gesetz zur Ökostromförderung bezeichnete Altmaier als „Erfolgsgeschichte“. Allerdings habe es nur den „quantitativen Ausbau“ der sauberen Energieproduktion vorangetrieben, bei der „politischen Steuerung“ der Energiewende jedoch versagt. Das müsse die angepeilte Reform nun nachliefern. Es gehe darum, Steuerungsinstrumente zu entwerfen, um die Anteile der einzelnen Ökoenergien, die jeweils zu produzierenden Mengen, die zeitlichen Ausbauschritte und die regionale Verteilung zu koordinieren. Welche Instrument das sein könnten, ließ der Minister freilich offen.


Das soll der Diskussionsprozess ergeben, den er jetzt starten will. Altmaier stellt sich ein „konsensuales Verfahren“ vor. Zwischen November 2012 und Mai 2013 sollen fünf große Veranstaltungen zu Themen wie „Photovoltaik – auf dem Weg zur Marktfähigkeit“ oder „Windenergie onshore und offshore“ stattfinden, jeweils öffentlich vor- und nachbereitet im Internet. Zusätzliche Unterstützung erhofft sich der Umweltminister von einem neuen Rat der Energie-Weisen, dem Köpfe wie Ex-Umweltminister Klaus Töpfer angehören sollen. Das Umweltministerium wird die Entscheidungsfindung leiten und wissenschaftliche Gutachtenaufträge vergeben.


Die ersten Reaktionen auf Altmaiers Vorschlag hätten schlimmer ausfallen können. Sowohl Befürworter der bisherigen Ökostromförderung wie der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), als auch scharfe Kritiker wie der CDU-Wirtschaftsrat erklärten sich mit dem Konzept einverstanden. Aber es gab auch die erwartbare Kritik. Nordrhein-Westfalens grüner Umweltminister Johannes Remmel beschwerte sich, der CDU-Kollege in Berlin wolle die „Energiewende torpedieren“.

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