Petersilie statt Maus

Auch beim Tierfutter gibt es Trends

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Von Wolfgang Mulke

31. Mär. 2010 –

Auch profane Gewürzkräuter können Gemüter erregen. Das ist bei einigen Fernsehzuschauern der Fall, wenn ein Werbespot für Katzenfutter anläuft. Am Ende legt die gepflegte Hand einer modernen jungen Frau ein paar Blättchen Petersilie zur Abrundung der Portion für das anschmiegsame Haustier auf den Teller und leckt sich hernach auch noch die Finger ab, als habe sie gerade den letzten Bissen eines Sterne-Menüs verschlungen.

 

Doch Edles sieht die Industrie für Kätzchen in der Regel nicht gerade vor, wie der Journalist Hans-Ulrich Grimm feststellt. „Das ist 100 Prozent Show“, sagt der Ernährungsfachmann. Was nach Kaviar oder Hummer aussehe, sei schlicht Abfall. „Das kommt aus der Tierkörperbeseitigungsanlage“, sagt Grimm, der den Weg des Tierfutters in einem Buch nachgezeichnet hat. Dem Auto zufolge kommen vor allem Fleischreste zum Einsatz, die durch Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker aufgepeppt werden. Von „Schlemmer-Terrinen“, wie eine andere Reklame weismachen will, kann danach beim Tierfutter nicht die Rede sein, jedenfalls aus menschlicher Sicht.

 

Doch die Verwertung von Fleischresten für die putzigen Heimtiere ist nicht anrüchig. Seit Jahrtausenden werden Hunde oder Katzen mit den vom Menschen übrig gelassenen Essensresten abgespeist. Die meisten Experten haben gegen die Qualität der Fertignahrung wenig einzuwenden. Das gilt auch für die umstrittenen Beigaben. „Zusatzstoffe werden oft zu Unrecht verteufelt“, findet die Stiftung Warentest und verweist zum Beispiel auf die wichtigen Vitaminzusätze.

 

Den Werbeagenturen geht es weniger um den Geschmack der Vierbeiner als um den von Frauchen und Herrchen. Die Besitzer sind es schließlich, die für das Futter tief in die Tasche greifen. Für Waldi oder Minka ist oft nichts zu teuer, wie der Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH) weiß. „Das ist ein Familienmitglied und soll gut behandelt werden“, sagt Verbands-Sprecher Detlev Nolte. Statt Maus oder Spatz gibt es Huhn, Rind und Pute, eben das, was dem Besitzer schmeckt. Die Vierbeiner dürfen die Vorlieben des Halters teilen und werden beispielsweise mit Biokost oder aus der fair gehandelten Dose ernährt. Bisweilen droht den Fleischfressern auch ein garstiges Schicksal. So erkundigen sich einige überzeugte Vegetarier in einschlägigen Internetforen nach Möglichkeiten, ihre Katze allein pflanzlich zu ernähren. Dieser Versuch findet allerdings selbst unter Gleichgesinnten wenig Anklang. Voll im Trend liegen dagegen Produkte, die einen Zusatznutzen versprechen, etwa besonders gut auf junge und ältere Tiere abgestimmt oder weniger fettreich sind. „Die Trends sind dieselben wie im Lebensmittelbereich“, beobachtet Nolte.

 

Die Industrie kann auch in Krisenzeiten auf eine treue Kundschaft bauen. „Heimtiere sind nicht konjunkturabhängig“, sagt der IVH-Sprecher. Der Milliardenmarkt erweist sich als Hort der Stabilität. Rund 2,6 Milliarden Euro geben die Deutschen jährlich allein für Tierfutter aus. Dazu kommen noch mehr als 900 Millionen Euro, die für das Zubehör auf den Tisch gelegt werden, also für das Katzenklo, das Aquarium oder den Vogelkäfig. Am meisten geben Katzenbesitzer für Fertignahrung aus. Mehr als ein Drittel der Haushalte in Deutschland hält sich wenigstens einen kleinen Freund. 8,2 Millionen Katzen – in jedem sechsten Haushalt eine - und 5,5 Millionen Hunde zählt der IVH. Dazu trällern 3,4 Millionen Vögel ihr Lied im Käfig. Zwei Millionen Aquarien bieten Zierfischen ein Zuhause. Weitere 6,2 Millionen Kleintiere, vom Kaninchen über das Meerschwein bis zur Maus erfreuen die Bundesbürger.

 

Angesichts der prächtigen Umsätze mischen viele Firmen im Geschäft mit der Tiernahrung mit. Dabei sind auch internationale Riesenkonzerne wie das US-Unternehmen Mars, das mit Marken wie Whiskas, Kitekat, Pedigree, Frolic, Sheba, Chappi oder Cesar zu den Marktführern gehört. Der Schweizer Nestlè-Konzern ist dabei, aber auch viele kleinere Unternehmen. Auf bis zu 100.000 Jobs schätzt der IVH den Arbeitsmarkteffekt der Heimtierbranche. Im Vertrieb gibt es eine Art Aufgabenteilung. Der Futterverkauf wird zu zwei Dritteln vom Lebensmittelhandel dominiert. Der Rest entfällt auf Fachhändler. Beim Zoobedarf wiederum haben die kleinen Geschäfte die Nase weit vor.

 

Das Krefelder Unternehmen Fressnapf zeigt, dass Fachmarktkonzepte nicht nur bei Heimwerkern oder Elektronikfans gut ankommen. Die Firma wächst seit Jahren kräftig und verzeichnete selbst im Krisenjahr 2009 ein Umsatzplus von über zwölf Prozent auf gut 830 Millionen Euro. Zu den bereits bestehenden 760 Filialen in Deutschland sollen allein in diesem Jahr 100 weitere dazu kommen. Fressnapf-Chef Torsten Toeller ist zuversichtlich, dass der Boom anhält. „Die Heimtierbranche ist eine relativ robuste Branche“, glaubt der Unternehmensgründer.

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