Pleitegeier über der Ägäis

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur griechischen Finanzkrise

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

09. Dez. 2009 –

Kann ein ganzer Staat zahlungsunfähig werden?

 

Das und kommt vor. Deutschland traf es im letzten Jahrhundert gleich zwei Mal, jeweils in Folge der Weltkriege. 2002 konnte Argentinien seinen Schuldendienst nicht mehr leisten und in diesem Jahr ging Island praktisch Pleite. Der Mechanismus funktioniert so. Die Staaten geben Anleihen heraus, die sie verzinsen. Damit finanzieren sie langfristige Investitionen oder auch Budgetdefizite. Je stärker die Wirtschaft eines Landes ist, desto besser ist seine Bonität, die von Ratingagenturen festgestellt wird. Die Anleger, zum Beispiel Versicherungen, Banken oder Pensionsfonds legen dann ihr Geld gerne dort an und nehmen für eine hohe Sicherheit niedrige Zinsen in Kauf. Umgekehrt ist es genauso. Misstrauen die Investoren einem Land, ziehen sie dort ihr Geld ab oder sie verlangen hohe Zinsen für ihre Anlagen. So haben Ratingagenturen Griechenland jetzt schlechtere Noten gegeben. Im schlimmsten Fall will dem Staat niemand mehr etwas leihen. Dann können alte Schulden nicht mehr durch die Ausgabe neuer Anleihen bezahlt werden. Das Land wird zahlungsunfähig.

 

Warum droht Griechenland die Staatspleite?

 

Haushaltszahlen wurden nach Bedarf geschönt und kaschierten so die dramatische finanzielle Lage. Schon den Beitritt in den Euroraum hat sich Griechenland in den neunziger Jahren mit falschen Zahlen erschlichen. Tatsächlich haben die Hellenen weit über ihre Verhältnisse gelebt. Der Staat hat mehr Schulden als die Wirtschaftsleistung eines Jahres. Das Haushaltsdefizit dürfte in diesem Jahr zwölf Prozent betragen. Internationale Anleger verlangen höhere Zinsen für die Staatsanleihen. Damit wird die Haushaltslage noch prekärer. Früher hätte Athen die Notenpresse anwerfen und frisches Geld drucken können. Das darf sie als Euroland nicht tun. „Einen Staatsbankrott im Sinne einer vollständigen Zahlungsunfähigkeit ist unwahrscheinlich“, beruhigt der Wirtschaftsprofessor Ansgar Belke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Notfall werde der Internationale Währungsfonds eintreten, um eine Kettenreaktion zu verhindern.

 

Müssen die anderen Euro-Länder die griechischen Schulden notfalls übernehmen?

 

Im Vertrag der Euroländer zur Einführung der gemeinsamen Währung ist von einer gemeinsamen Haftung für die Schulden eines Mitgliedslandes nicht die Rede. Jeder Staat ist für die Folgen einer schlechten Finanzpolitik selbst verantwortlich. „Bei Zahlungsunfähigkeit ist ein Euro-Land auf eine Solidaritätsaktion der Währungspartner angewiesen“, erläutert der Experte. Als Gegenleistung für eine solche Nothilfe, für die es bisher kein Beispiel gibt, müsste ein Krisenstaat strenge Sanierungsvorgaben hinnehmen.

 

Wird der Euro durch die Krise weniger wert?

 

Kurzfristig ist der Euro gegenüber dem Dollar gefallen. Einen dauerhaften Effekt werde es aber kaum geben, sagt Belke. Dafür gibt es Gründe. Es werden keine neuen Euroscheine gedruckt, um die Schulden eines Landes zu bezahlen. Die unabhängige Zentralbank verhindert den Betrieb der Notenpresse und damit auch einen Wertverlust.

 

Wie können sich die Griechen aus der Klemme befreien?

 

Nur ein rigider Sparkurs kann den Haushalt wieder ins Lot bringen. Die Athener Regierung will sich darum nun bemühen. Es wird ein sehr steiniger Weg für die Hellenen, zumal das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt, die Arbeitslosigkeit hoch ist und das gesellschaftliche System unter Vetternwirtschaft, Steuerhinterziehung und Korruption leidet. „Politisch ist ein Sparprogramm nicht durchzusetzen“, befürchtet der DIW-Forscher. Deshalb sei eine Staatspleite langfristig auch nicht auszuschließen.

 

Gibt es noch andere Länder, die finanziell am Abgrund stehen?

 

Als Folge der Finanzkrise haben eine ganze Reihe von Ländern Haushaltsprobleme. In Europa gelten Spanien, Portugal, Irland und Italien als Problemfälle. In den USA sind die Kassen Kaliforniens leer. Gerade erst hat Dubai um einen Zahlungsaufschub gebeten. Andere Länder mussten bereits um Finanzspritzen bitten.

 

Droht wieder ein Crash an der Börse?

 

Das kann derzeit trotz der zuletzt positiven Kursentwicklung niemand ausschließen.

 

 

 

« Zurück | Nachrichten »