Poker um Glücksspiele

Mit Ausnahme Schleswig-Holsteins wollen die Bundesländer heute neue Regeln vereinbaren / Sportwetten in Deutschland wohl bald legal

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Von Wolfgang Mulke

14. Dez. 2011 –

Pokerspieler und Sportwetter in Schleswig-Holstein können sich freuen. Denn sie dürfen ab März 2012 wohl ganz legal im Internet ihrer Spielleidenschaft nachgehen. Ein Gesetz des Landes liberalisiert das Treiben, das bislang in Deutschland verboten ist. Grundsätzlich wollen auch die anderen 15 Bundesländer den Glücksspielmarkt öffnen. Freiwillig geschieht dies nicht. Vielmehr drängt die EU zu einer Marktöffnung.


Aber so weit wie das Küstenland mögen die Ministerpräsidenten anderswo nicht gehen. Sie wollen am heutigen Donnerstag einen neuen Glücksspielstaatsvertrag unterzeichnen, der Sportwetten privater Anbieter erlaubt. Doch die Bedingungen sind nicht gerade so gestaltet, dass die Wettunternehmen Beifall klatschen. Eine Bremse ist die begrenzte Zahl der Konzessionen, die vergeben werden sollen. Höchstens 20 Bewerber dürfen zum Zug kommen. Noch schwerer wiegt jedoch eine Steuer auf jeden getätigten Einsatz, die fünf Prozent betragen soll.


Der Steuersatz hört sich zwar niedrig an, doch die Zocker würden damit so kräftig zur Kasse gebeten, dass sich die Wetten nicht mehr lohnen. So fürchtet der Sprecher des Wettvermittlers Betfair, Luka Andric, die Abwanderung der Zocker zu illegalen, aber steuerfreien Angeboten. „Bei einer Spieleinsatzsteuer laufen uns die Spieler davon“, warnt er. Die Branche will durchaus Steuern entrichten. Betfair schlägt eine 20-prozentige Abgabe auf den Rohertrag der Anbieter vor. Damit ging die Besteuerung nicht zu Lasten der Gewinnchancen und die Teilnahme am Spiel bliebe für die Kunden interessant.


Ob es tatsächlich zu der von 15 Bundesländern bevorzugten Neuregelung des Staatsvertrages kommt, erscheint offen, selbst wenn die Regierungen heute ihre Unterschrift darunter setzen. Denn es gibt gewichtige rechtliche Bedenken gegen den Inhalt. So hat die EU-Kommission noch keine Stellungnahme dazu abgeben können, weil ihr der genaue Wortlaut des Textes erst kürzlich übermittelt wurde. Verfassungsrechtler wie jüngst der ehemalige Bundesrichter Hans-Jürgen Papier bezweifeln die Rechtmäßigkeit, vor allem wegen der Steuerpläne und der begrenzten Konzessionsvergabe.


Aber erst, wenn Brüssel zustimmt, will Schleswig-Holstein seine Haltung überdenken. Bis dahin schaltet das Land auf Stur. „Wir haben nichts zu verhandeln und nichts zu unterschreiben“, stellt Regierungssprecher Knut Peters klar. Der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Franz-Josef Lersch-Mense ist dagegen zuversichtlich, dass der Vertrag die EU-Normen erfüllt und am Ende doch noch alle Länder an einem Strang ziehen.


Das Gerangel um eine mehr oder wenige restriktive Haltung gegenüber privaten Zockerunternehmen hat einen finanziell schwergewichtigen Hintergrund. Die Länder fürchten um die Milliardeneinnahmen aus dem staatlichen Lotteriegeschäft, wenn die Konkurrenz aus dem Internet legal arbeiten darf. Es geht um Riesensummen. Die Wirtschaftsberatung Pricewaterhous Coopers (PwC) schätzt den Rohertrag des vergangenen Jahres aus Poker, Sportwetten und Casinospielen auf gut 770 Millionen Euro. Die Zahl der im grauen Markt aktiven Spieler liegt laut Betfair bei über einer Million.


Von der Neuregelung erhofft sich Lersch-Mende eine Verlagerung der illegalen Zockerei zu erlaubten Firmen und entsprechende Steuereinnahmen. Die Hälfte der Spieler soll danach aus dem Graumarkt gezogen werden. Und wer dann noch bei ausländischen Internetfirmen pokert oder Roulette spielt, muss mit einem erhöhten Verfolgungsdruck rechnen. Bei den Casinospielen werde der Geldfluss bekämpft, kündigt der Kanzleichef an, „niemand kann sich dann sicher sein, dass sein Gewinn nicht beschlagnahmt wird."






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