Privatanleger gucken in die Röhre

Private Investoren werden hierzulande schlecht beraten, sagt eine neue Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums. „Vermögensschäden von 20 bis 30 Milliarden Euro“.

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Von Hannes Koch

22. Dez. 2008 –

Die Beratung privater Kapitalanleger in Deutschland ist oft von schlechter Qualität. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums. „Die Vermögensschäden auf Grund mangelhafter Finanzberatung werden auf jährlich 20 bis 30 Milliarden Euro geschätzt“, sagt Marco Habschick vom Hamburger Forschungsinstitut Evers&Jung, das die Studie erarbeitet hat.

 

Wer einige tausend oder auch zehntausend Euro übrig hat, sollte eine schöne Reise machen, das Geld für durchschnittliche Zinsen auf ein Sparkonto einzahlen oder Bundesanleihen kaufen, anstatt sich von Finanzberatern Aktien, Fonds, Lebens- oder Rentenversicherungen aufschwatzen zu lassen. Das liegt nicht daran, dass diese Formen der Kapitalanlage grundsätzlich schlecht wären. Wenn heute trotzdem viele private Kapitalanleger Verluste statt Gewinne machen, ist die Ursache unter anderem in falscher Beratung zu suchen.

 

„Fehlleistungen sind eher die Regel als die Ausnahme und auch empirisch zu belegen“, heißt es in der Studie. „Die Beratung kann man in vielen Fällen mit einer Einbahnstraße vergleichen“, sagt Habschick. Die Mitarbeiter von Finanzagenturen aber auch Banken würden ihre Kunden bei Neuinvestitionen unterstützten, sie aber nicht beraten, wenn es Zeit sei, aus Aktienfonds oder ähnlichen Produkten wieder auszusteigen. Deshalb haben Privatanleger im Zuge der aktuellen Finanzkrise Milliarden Euro verloren.

 

Oft würden den Kunden auch die falschen Versicherungen verkauft. Hoch im Kurs stehe beispielsweise die Unfallversicherung, während eine Berufsunfähigkeitversicherung für die meisten Beschäftigten viel sinnvoller sei, so Habschick. Dass trotzdem eher Unfallpolicen verkauft würden, liege an den dabei höheren Provisionen für die Verkäufer.

 

Große Mängel haben die Forscher zudem bei langfristig laufenden Kapitalanlagen ermittelt. „50 bis 80 Prozent aller Langfristanlagen werden mit Verlust vorzeitig abgebrochen“, schreiben die Forscher. Der Grund: Verträge mit 30jähriger Laufzeit seien für moderne Arbeitsnehmer mir ihren wechselhaften Jobs und Biografien oft nicht die richtige Kapitalanlage.

 

Die analysierten Mängel betreffen in erster Linie die Branche der freien Beratungsagenturen. Bei Banken sei die Qualität der Beratung manchmal, aber nicht durchweg höher.

 

Als Ergebnis ihrer Studie formulieren die Forscher, dass die Politik die Regulierung der privaten Anlageberatung verbessern müsse. Ein zentraler Ansatz wäre es, Beratung und Verkauf zu trennen. Den privaten Kapitalanlegern in Deutschland sollten mehr Einrichtungen zur Verfügung stehen, die gegen ein Beratungshonorar Produkte prüfen und empfehlen, ohne vom Verkauf dieser Aktien, Fonds und Versicherungen zu profitieren.

 

Verbraucherpolitiker Peter Bleser (CDU) denkt dabei unter anderem an die „Stärkung der Verbraucherzentralen“. Außerdem wolle die große Koalition die Beratung auf gesetzlichem Wege verbessern. Die Berater sollten den Kunden künftig ein Protokoll des Beratungsgespräches aushändigen und von diesen unterschreiben lassen. Dadurch lasse sich leichter nachvollziehen, ob grundsätzliche Qualitätsanforderungen eingehalten würden. Auf welche Art Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) auf die Empfehlungen der Studie reagieren will, ist bislang unklar. Darüber soll unter anderem ein Kongress im März 2009 entscheiden.

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