Private Kartell-Opfer haben es schwer

Schadenersatz ist bei kleinen Schäden kaum drin / BGH sieht grundsätzlich Ausgleichsrechte bei privaten Kunden

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Von Wolfgang Mulke

24. Nov. 2011 –

Spülmittel, Handcremes, Kaffee, Duschgel oder zuletzt Spülmaschinentabs. Die Kartellwächter sind bei der Suche nach unerlaubten Preisabsprachen zwischen führenden Herstellern in den letzten Jahren immer wieder fündig geworden. Gerade erst verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von 24 Millionen Euro an einen Hersteller der Tabs, die doch eigentlich für Sauberkeit stehen sollte.


Gelackmeiert sind in all diesen Fällen die Verbraucher als Endkunden der Kartellisten. Sie zahlen durch die Absprachen höhere Preise, können den entstandenen Schaden aber bisher kaum geltend machen. Den Effekt der geheimen Zusammenschlüsse ist spürbar. Die Behörde geht aus den Erfahrungen der aufgedeckten Fälle von Preissprüngen um bis zu 25 Prozent aus. Der regelmäßige Käufer eines der preismanipulierten Produkte kann im Verlauf der Jahre also leicht um einige Hundert Euro ärmer gemacht werden. Grundsätzlich müssten die Kartellfirmen für diese Schäden gesamtschuldnerisch haften. Doch welcher Kunde bewahrt schon alle Quittungen von lange zurückliegenden Einkäufen als Beweisstücke auf? Und Millionen Kleinschäden geltend zu machen, würde die Justiz wohl überfordern. „Es wäre von den Gerichten zu viel verlangt“, sagt auch die Rechtsexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Jutta Gurkmann.


Doch die Situation könnte sich für die Verbraucher bald verbessern. Gerade hat das Wirtschaftsministerium einen Referentenentwurf vorgelegt, der das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) neu regelt. „Verbraucherverbände erhalten einen Anspruch auf Abschöpfung für den Fall von Massen- und Streuschäden“ heißt es darin. Anstelle vieler einzelner, nur gering Geschädigten könnte zum Beispiel der vzbv gegen Kartelllisten vorgehen. Doch so wie der Entwurf verfasst ist, glaubt Gurkmann noch nicht an eine echte Verbesserung. Denn das Verfahren soll analog der erlaubten Gewinnabschöpfung bei unlauterem Wettbewerb gestaltet werden. Das hat sich aber wegen kaum erfüllbarer Beweispflichten als zahnloser Tiger erwiesen. Anfang Dezember sollen Experten bei einer Anhörung im Bundestag ihre Einschätzung zu diesem Vorschlag abgeben.


Dagegen stärkt der Bundesgerichtshof (BGH) geschädigten Endkunden nun den Rücken. Im Sommer entschieden die Richter, dass auch Privatleute oder geschädigten Firmen der Schadenersatzanspruch nicht verweigert werden kann. Die nun veröffentlichte Begründung des Urteils verstärkt diese Auffassung noch einmal. Damit steigt das finanzielle Risiko für Kartellmitglieder erheblich. Bislang mussten sie sich nur mit den direkten Abnehmern ihrer Produkte herumschlagen. Da diese die Preiserhöhung meist einfach weitergereicht haben, war der Schaden auf dieser Ebene überschaubar.


Eine deutliche Verbesserung der Stellung der Verbraucher könnte auch bald aus Europa kommen. Das EU-Parlament erwägt die Einführung von Sammelklagen. Dann könnten viele Geschädigte gemeinsam gegen Unternehmen vorgehen, von denen sie geschädigt wurden, etwa durch verbotene Preisabsprachen. Im Januar wird das Straßburger Parlament darüber abstimmen, anschließend befasst sich die EU-Kommission mit dem Thema. Auswüchse wie in den USA sollen aber vermieden werden. So wird es beispielsweise keine Erfolgshonorare für Anwälte geben, die sich auf derlei Prozesse spezialisieren.










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