Rechte wollen Moslems ärgern
Lebhaftes Wochenende in Berlin: Rechtspopulisten planen acht Kundgebungen gegen radikale Moslems und Linke
14. Aug. 2012 –
Wenige Anhänger, viel Provokation – nach diesem Prinzip hat die rechte Partei Pro Deutschland gleich acht Kundgebungen in Berlin angemeldet. Am kommenden Samstag und Sonntag will die Splitterpartei vor islamischen Gotteshäusern und linken Wohnprojekten in der Hauptstadt demonstrieren. Weil die Rechten dabei gezielt provokante Mohammed-Karikaturen zeigen wollen, seien „Emotionalisierung und Straftaten“ nicht auszuschließen, sagt der Berliner Verfassungsschutz.
Pro Deutschland versucht eine Aktionsform zu wiederholen, die im vergangenen Mai in Solingen und Bonn gewalttätige Auseinandersetzungen ausgelöst hat. Radikale Moslems fühlten sich damals von den vermeintlich anti-islamischen Plakaten der Rechten herausgefordert und griffen die Polizei an. Gegen einen Islamisten läuft nun ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes.
Die Rechten planen eine Art Rundreise durch Berlin. Am Samstag wollen sie Kundgebungen vor mehreren Moscheen in den Bezirken Neukölln und Wedding veranstalten, am Sonntag suchen sie linke Projekte auf, darunter ein besetztes Haus. Vor den Moscheen werden die Demonstranten unter anderem vergrößerte Karikaturen des dänischen Zeichners Kurt Westergaard schwenken, die den Propheten Mohammed mit einem Bombenturban zeigen.
Die Polizei hat die Aktionen unter Auflagen genehmigt. Mehrere hundert Beamte müssen die Kundgebungen schützen. Ein Sprecher der Berliner Polizei rechnet mit einem „schwierigen Einsatz“.
„Pro Deutschland ist eine Kleinorganisation, die auf mediale Präsenz spekuliert“, heißt es in Sicherheitskreisen. Die gezielte Provokation werde nun genutzt, um bundesweiten Zulauf zu erhalten und sich auszudehnen. Bei früheren Aktionen von Pro Deutschland und Pro Berlin war zu beobachten, dass die Organisationen in der Hauptstadt sehr schwach sind. In der Regel treten öffentlich nur wenige Dutzend Personen auf. Pro Berlin hat nach eigenen Angaben 150 Mitglieder. In ihrem Heimatland Nordrhein-Westfalen verfügen die Pro-Gruppen angeblich über rund 2.000 Mitglieder.
Die Pro-Partei zieht unter anderem gegen die „Islamisierung Europas“ zu Felde. Sie verlangt die Ausweisung von Moslems. „Die durch Pro NRW kolportierten Aussagen zielen auf eine Einschränkung von grundgesetzlich verbürgten Rechten – wie der Religionsfreiheit – gegenüber einer ganzen Bevölkerungsgruppe und verletzen die Betroffenen in ihrer Menschenwürde“, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2011.
Wie in Bonn und Solingen könnten die Aktionen der Rechten auch in Berlin zu einer sich gegenseitig verstärkenden Radikalisierung führen. Als Demonstrationsort haben sich die Pro-Aktivisten mindestens eine Moschee ausgesucht, in der viele Angehörige der salafistischen Strömung beten. Dies ist eine sehr konservative Richtung des Islam. Etwa 350 radikale Salafisten gebe es in Berlin, weiß der Verfassungsschutz. Etwa 100 davon seien gewaltbereit. Auf sich aufmerksam machten die moslemischen Traditionalisten unlängst, indem sie auf öffentlichen Plätzen den Koran verschenkten. Eine salafistische Gruppe wurde unlängst wegen „demokratiefeindlicher Agitation“ verboten, gegen zwei weitere Organisationen laufen vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren.
Mehrere linke Organisationen haben zu neun Gegenveranstaltungen aufgerufen. Es gibt Kundgebungen, Demonstrationen und auch eine „antirassistische Stadtrundfahrt“. Bei schönem Wetter und prognostizierten 31 Grad in der Hauptstadt ist für jeden etwas dabei – vielleicht auch Wasserwerfer.