Regierung erhöht Investitionen ohne neue Kredite

Städte und Gemeinden erhalten 3,5 Milliarden Euro zusätzlich. Weiteres Geld in den kommenden Jahren

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Von Hannes Koch

17. Mär. 2015 –

 

 

Von Hannes Koch

 

Früher legten Bundesfinanzminister Nachtragshaushalte vor, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals stand. Vom Bundestag brauchten sie dann die Genehmigung, neue Schulden zu machen. CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble ist nun in der Lage, einen Zusatzhaushalt zu präsentieren, weil er mehr Geld zur Verfügung hat als geplant. 3,5 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben für 2015 beschließt das Bundeskabinett am Mittwoch.

 

Trotzdem nimmt die Regierung keine neuen Kredite auf. „Die Null ist das Leitmotiv“, sagte Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU). Soll heißen: Die große Koalition will in diesem und den kommenden Jahren ohne Neuverschuldung auskommen. Die Zusatzausgaben werden aus den höheren Steuereinnahmen bestritten. Weil die Wirtschaft wächst, sinkt damit die Schuldenlast Deutschlands. 2017 soll sie wieder unter 70 Prozent der Wirtschaftsleistung fallen. Im Zuge der Finanzkrise seit 2008 war sie stark angewachsen.

 

Die 3,5 Milliarden Zusatzausgaben in diesem Jahr kommen in einen Fonds, aus dem finanzschwache Kommunen gefördert werden. Diese können während der kommenden drei Jahre Hilfen für Investitionen in Straßen, Bäder, Schulen oder Kitas erhalten. Außerdem sollen zwischen 2016 und 2018 zehn weitere Milliarden Euro in öffentliche Investitionen fließen. Gut vier Milliarden sind gedacht für Straßen und Datenleitungen. Für Klimaschutz plant die Regierung 1,5 Milliarden zusätzlich ein. Und auch die Entwicklungshilfe soll ab 2016 um mehr als eine Milliarde Euro jährlich zunehmen.

 

Obwohl die absolute Summe für Investitionen im Bundeshaushalt wächst, sinkt allerdings ihr Anteil im Verhältnis zu den Gesamtausgaben des Budgets, die sogenannte Investitionsquote. Während diese heute rund zehn Prozent beträgt, sollen es 2019 nur noch neun Prozent sein. Daran entzündet sich Kritik. Der Tenor: Die große Koalition gebe zu wenig Geld aus, um den Wert der öffentlichen Infrastruktur und die Wirtschaftskraft zu erhalten.

 

So sieht es beispielsweise Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Er meint, die Regierung könne pro Jahr weitere zehn Milliarden Euro ausgeben, ohne Schulden aufnehmen zu müssen. Fratzscher analysiert, dass Deutschland unter einer „Investitionslücke“ leide. Sven Kindler, Haushaltspolitiker der Grünen im Bundestag, vermisst die „Zukunftsorientierung“. „Die Investitionsquote ist viel zu niedrig“, so Kindler. Beispielsweise für die Energiewende, Forschung, Bildung und Verkehrsadern müsse die Regierung mehr Mittel zur Verfügung stellen.

 

Unter anderem fordern die Grünen ein Programm, um mehr Elektroautos auf die Straßen zu bringen und den Verbrauch von Erdöl zu verringern. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wünscht sich Subventionen für Firmenwagen mit Elektroantrieb. Finanzspritzen zu diesem Zweck lehnt die große Koalition jedoch ab.

 

Schäuble und die Union wollen nur Geld für zusätzliche Ausgaben einplanen, das sowieso hereinkommt. Auch deswegen ist der Spielraum für zusätzliche Investitionen beschränkt. Steuererhöhungen lehnen CDU und CSU ab – entgegen den Forderungen der SPD. Grünen-Finanzexperte Kindler plädiert ebenfalls für eine gewisse Anhebung von Steuern. Die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, die heute pauschal 25 Prozent beträgt, würde er wieder progressiv gestalten. Bürger mit höheren Kapitalerträgen müssten dann höhere Steuersätze entrichten. Zwei Vorteile einer solchen Strategie nennt Kindler: Einerseits hätte der Staat mehr Einnahmen, um nötige Ausgaben zu tätigen. Andererseits würde die Regierung etwas gegen die zunehmende soziale Polarisierung zwischen Reich und Arm unternehmen.

 

Eine andere Richtung verfolgt dagegen der Bund der Steuerzahler. Die Organisation forderte am Dienstag, unnötige Staatsausgaben zu kürzen, die Verschwendung zu stoppen und die Steuern zu senken.

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