Regierung trägt Sonnenschutz auf

Förderung der Solarenergie wird wohl abermals gekürzt

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Von Hannes Koch

18. Jan. 2012 –

Wachsen uns die Kosten für die Sonnenenergie über den Kopf? Wegen der milliardenteuren Zuschüsse für Solaranlagen, die alle Kleinverbraucher bezahlen, steht Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) unter wachsendem Druck. Am Donnerstag trifft er die Vertreter der Solarindustrie auch deshalb, weil man sich über die zusätzliche Kürzung der Fördermittel unterhalten muss. Die Ergebnisse betreffen schwerpunktmäßig Baden-Württemberg und Bayern: Dort wurde bisher ein großer Teil der deutschen Solaranlagen installiert.


Wieso bricht die Diskussion jetzt wieder los?

2011, besonders gegen Jahresende, erlebte die Solarwirtschaft einen neuen Boom. 7.500 Megawatt Solarstrom – so viel Produktionskapazität wie sechs Atomkraftwerke – kamen im vergangenen Jahr hinzu. Viele Eigenheimbesitzer und Landwirte, aber auch Kapitalinvestoren bauten noch schnell neue Photovoltaikmodule auf Häuser und Grundstücke, um die höheren Fördersätze mitzunehmen. Dieses Jahr wird die Einspeisevergütung erneut sinken – um möglicherweise 20 Prozent.


Was fordern die Kritiker der Solarindustrie?

„Kleine und dezentrale Dachanlagen sollten wir auch künftig fördern“, sagt Thomas Bareiß, Energie-Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Aber Solarparks, die „den Großteil des Zubaus ausmachen, müssen mit einem festen Deckel begrenzt werden“. Bisher wird jede Anlage gefördert, die Bürger oder Firmen errichten, allerdings sinkt die Vergütung mit zunehmender Menge der Solarkraftwerke. Außerdem sagt Bareiß: „Perspektivisch sollte man darüber nachdenken, den Zeitraum der festen Einspeisevergütung von heute 20 Jahren zu verringern.“ Die gegenwärtige Regelung schreibt vor, dass Privatleute, die eine Dachanlage bauen, für jede in den kommenden zwei Dekaden ins öffentliche Netz eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom rund 24 Cent erhalten – eine garantierte, sehr auskömmliche Rendite. Unterschiedliche Ideen zur Kürzung der Solarförderung haben in den vergangenen Wochen auch FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler, Kartellamtschef Andreas Mundt, Olav Hohmeyer vom Sachverständigenrat für Umwelt und die Verbraucherzentralen formuiert.


Was spricht für Kürzung der Förderung?

Die Solaranlagen werden schnell billiger. Sinkt die Einspeisevergütung nicht im gleichen Maß, kommt es zu unnötiger Überförderung. Aber es gibt auch sehr grundsätzliche Argumente. Sonnenstrom in Deutschland „macht so viel Sinn wie eine Ananaszucht in Alaska“, sagte unlängst RWE-Chef Jürgen Großmann. Sein Punkt: Photovoltaikmodule bringen hierzulande wenig Ertrag, weil die Sonne zu selten scheint. Dies spiegelt sich in einem Missverhältnis zu den Kosten: Während nur 21 Prozent des hiesigen Ökostroms aus Solaranlagen stammen, nehmen diese 56 Prozent der Förderung in Anspruch, 2011 etwa acht Milliarden Euro. Die zwischen 2000 und 2011 errichteten Solarstrom-Kraftwerke kosten die deutschen Stromverbraucher in den kommenden 20 Jahren angeblich 100 Milliarden Euro, hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung berechnet. Und selbst das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg geht in einer neuen Studie davon aus, dass die Produktionskosten von Solarstrom erst etwa 2030 mit denen der konventionellen Energie konkurrieren können. Solarstrom ist heute eine vergleichsweise teure Alternativenenergie, Windmühlen produzieren Strom viel billiger.


Warum ist die weitere Förderung der Solarenergie richtig?

Wenn ein Land wie Deutschland den beschlossenen Umstieg von atomaren und fossilen zu regenerativen Energiequellen schaffen will, darf man sich nicht auf eine Erzeugungsart verlassen. Weht der Wind nicht, scheint vielleicht die Sonne. Ohne diese Mischung kann man ein Industrieland nicht sicher versorgen.


Die heute unbestreitbar hohen Kosten in die Solarenergie sind eine Investition in die Zukunft. In 20 Jahren verfügt Deutschland über eine Technik, mit der man weltweit an fast jedem Ort konkurrenzfähig sauberen Strom herstellen kann. Die Brennstoffkosten sind dabei gleich null, während der Ölpreis längst durch die Decke gegangen sein wird. Ein besseres Exportprodukt ist kaum vorstellbar.


Bei Licht betrachtet sind auch heute die Kosten der Solarenergie noch verkraftbar. Sie machen nur knapp zwei Cent pro Kilowattstunde aus, die mit insgesamt rund 25 Cent zu Buche schlägt. Für einen vierköpfigen Privathaushalt mit einem Verbrauch von 2.500 Kilowattstunden bedeutet dies 50 Euro im Jahr oder gut vier Euro pro Monat.

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