Regierungen suchen Pfropfen für Steuerlöcher

EU-Gipfel: Steueroasen in Europa und Übersee sollen Kontonummern und Namen der Inhaber nennen

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Von Hannes Koch

22. Mai. 2013 –

Der verblichene Millionen-Erbe Gunter Sachs sorgte kürzlich wieder einmal für Schlagzeilen. Es gebe Hinweise, der Ex-Mann der Schauspielerin Brigitte Bardot habe einen Teil seiner Kapitalgewinne vor dem Finanzamt versteckt, schrieben einige Zeitungen in Berufung auf Unterlagen, deren Quelle sie nicht nannten. Die schnell unter dem Titel „Auslandslöcher“ (Offshore-Leaks) bekannte Affäre führte am Mittwoch dazu, dass die Regierungschefs der Europäischen Union schärfere Regeln ankündigten, die Steuerflucht erschweren sollen. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.


Wieviel Geld wird nicht versteuert?

Weil es um verborgenes Kapital geht, weiß man das nicht genau. Schätzungen reichen bis zur fantastischen Summe von einer Billion Euro (1.000 Milliarden), die der EU jährlich durch Steuerflucht und Steuervermeidung verlorengehe. Stimmte diese Summe würde zur Zeit etwa jeder dritte Steuer-Euro nicht gezahlt.


Wie kann man Steuerflucht erschweren?

Ein sehr einfaches und wirksames Verfahren benutzen die meisten europäischen Staaten seit Jahren. In der EU-Zinsrichtlinie haben sie vereinbart, dass beispielsweise französische Finanzämter dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern automatische Meldungen schicken, wenn deutsche Staatsbürger Zinsgewinne auf ihren Konten in Frankreich verbuchen. Das Bundeszentralamt sendet die Information daraufhin an die zuständigen deutschen Finanzämter. Die Kontoinhaber müssen ihre Zinsgewinne dann versteuern.


Wo sind die Löcher im Gesetz?

Bisher gilt der grenzüberschreitende Info-Austausch nur für Zinseinnahmen, aber beispielsweise nicht für Dividenden und andere Kapitaleinkünfte. Außerdem haben sich Österreich und Luxemburg Ausnahmeregelungen gesichert. Ähnliches gilt für die Schweiz und die europäischen Zwergstaaten Liechtenstein, Monaco, San Marino und Andorra. Hinzu kommt: Von Großbritannien abhängige Territorien wie die Jungferninseln, die Kaimaninseln, Gibraltar, Jersey und Isle of Man machen beim Info-Austausch ebenfalls nicht mit. Gerade diese aber gehören zu den bevorzugten Anlageplätzen, die die Steuerhinterzieher aufsuchen.


Werden die Steueroasen nun ausgetrocknet?

Ja, sagen die EU-Kommission und die Regierungschefs. Wobei Vorsicht geboten ist, denn konkrete Vereinbarungen will man erst noch aushandeln. Die Lösung aber könnte so aussehen: Die EU würde eine Regel übernehmen, die sich die US-Regierung ausgedacht hat. Die Idee des Fatca-Abkommens (Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung): Liefern ausländische Banken keine Informationen über die Kapitalerträge von US-Bürgern an die dortigen Finanzämter, müssen diese Institute eine hohe Straftsteuer auf ihre Anlagen in den USA zahlen.


Wie sähe konkreter Fortschritt aus?

Beispielsweise Österreich, Luxemburg und die britischen Übersee-Territorien erklären sich bereit, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern den jeweiligen Namen der deutschen Kontoinhaber, die Kontonummern und den Kapitalerträge zu nennen. Ob es wirklich soweit kommt, wissen wir Ende diesen Jahres.

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