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Renten hoch – Beitragssatz runter

Die gute Einkommensentwicklung macht kräftige Rentenanpassungen wahrscheinlich. Damit das System auch für die jüngeren stabil bleibt, sind weitere Reformen notwendig. Minuszins kostet Beitragszahler Millionen.

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Von Wolfgang Mulke

20. Nov. 2017 –

Würzburg (wom) – Bestätigt sich zum Jahresende die Einkommensentwicklung der vergangenen Monate, können die gut 20 Millionen Rentner auf eine Anpassung ihrer Bezüge um etwa drei Prozent hoffen. Diese erste Schätzung bestätigte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) nun. Exakt rechnen die Experten erst im kommenden April, wenn das Statistische Bundesamt die amtlichen Zahlen zur Lohnentwicklung vorlegt. Dann entscheidet das neue Bundeskabinett über die Erhöhung. Ab Juli gibt es dann mehr Geld für die Ruheständler.

Die durch die gute Lage am Arbeitsmarkt prall gefüllte Rentenkasse bringt auch Arbeitnehmern und Arbeitgebern etwas. „Nach den aktuellen Vorausberechnungen kann der Beitragssatz zum 1. Januar 2018 um 0,1 Prozentpunkte auf 18,6 Prozent gesenkt werden“, sagt der Vorsitzende des Bundesvorstands der DRV, Alexander Gunkel. Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttoverdienst von 3.000 Euro zahlt dann 15 Euro weniger im Monat in die Rentenversicherung ein.

Die Beitragssenkung ist zwischen den Sozialpartnern umstritten, Gunkel, der für die Arbeitgeber im Vorstand sitzt, ist für diese Entlastung. Vorständin Annelie Buntenbach, die den DGB dort vertritt, votiert dagegen. „Wir sind für eine stärkere Vorsorge“, erläutert Buntenbach, um finanziell besser auf die anstehenden Ausgabensteigerungen vorbereitet zu sein. Doch die aktuell geltende Gesetzeslage ist klar. Da die Rücklagen der DRV den Wert von 1,5 Monatsausgaben überschreitet, muss der Beitragssatz sinken. Es ist kaum anzunehmen, dass bis zum Jahresende eine neue Regierung so weit ist, eine Änderung des Gesetzes noch durch den Bundestag zu bringen.

Einig sind sich Arbeitgeber und Gewerkschaften über einen weiteren Reformbedarf des Rentensystems. Bis zum Jahr 2030 sind die Probleme überschaubar. Der Beitragssatz bleibt in den nächsten drei Jahren stabil und steigt dann bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts auf geschätzt 21,6 Prozent an. Das Rentenniveau wird 2020 bei gut 48 Prozent des letzten Lohnes liegen und im Verlauf des kommenden Jahrzehnts auf 45 Prozent sinken. Nach dieser Zeitspanne schlägt die Alterung der Gesellschaft voll auf das Rentensystem durch, denn dann scheiden die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben aus. Ohne Reformen sinkt das Rentenniveau dann auf nur noch 42 Prozent ab, obwohl der Beitragssatz zugleich auf über 23 Prozent des Lohnes ansteigt.

Gunkel bringt eine neuerliche Anhebung des Rentenalters ins Spiel, damit die Abgaben der künftigen Arbeitnehmer nicht so stark ansteigen. „22 Prozent sollten langfristig nicht überschritten werden“, fordert er. „Wir lehnen das ab“, kontert Buntenbach. Schon die heute geltende Altersgrenze würden viele Arbeitnehmer gar nicht mehr erreichen können. Beschäftigt könnten zwar auch bei einer Rente mit 69 oder 70 früher in den Ruhestand gehen. Doch angesichts dann sehr hoher Abschläge kann sich das kaum ein Arbeitnehmer leisten.

Noch ist nicht klar, wie die künftige Bundesregierung das System langfristig stabilisieren will. Einige Änderungen zeichnen sich jedoch bereits ab. So trifft der Vorschlag für eine einheitliche Information über den aktuellen Stand der Vorsorgeansprüche auf eine breite Zustimmung. Heute erhalten die Versicherten mal den Stand ihrer Rentenanwartschaft, mal den der Riester-Rente per Brief ins Haus geschickt. Bald könnten alle drei Säulen der Alterssicherung, die gesetzliche Rente, die betriebliche und die private Vorsorge über den jeweiligen Stand gemeinsam informieren.

Auch an einer Lösung für die Selbständigen wird wohl bald gearbeitet. Viele Kleinstunternehmer sorgen gar nicht oder nur wenig für das Alter vor. Deshalb wollen die Experten der DRV sie in eine Pflichtversicherung einbinden und so das Risiko von Altersarmut vermindern. Umstritten ist, ob die Selbständigen Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung werden sollen oder sich alternativ auch anderswo privat absichern können.

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