Rentengarantien kosten Milliarden

Rentenversicherung rechnet mit Nullrunden und stabilen Beiträgen / DGB will Reformen zurückdrehen

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Von Hannes Koch

10. Nov. 2009 –

Die verschiedenen Garantien für die Höhe der Renten kosten die aktiv Beschäftigten rund acht Milliarden Euro im Jahr. Das geht aus Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) hervor. Statt der ursprünglich angepeilten Senkung der Beitragssätze von 19,9 Prozent auf 19,2 Prozent müssen sich die Versicherten daher auf stabile Beiträge einstellen. Ohne alle Schutzklauseln wären die heutigen Renten vier Prozent niedriger, sagte DRV-Vorstand Alexander Gunkel am Dienstag in Würzburg.

 

Mehrere Regeln sorgen dafür, dass die Renten nicht gekürzt werden können. Dazu gehört auch die im Sommer von der großen Koalition beschlossene Rentengarantie. Sie sieht vor, dass die Altersgelder auch dann nicht sinken, wenn die Löhne in Deutschland zurückgehen. Dies wird nach Berechnungen der DRV aber in diesem Jahr der Fall sein. Die Arbeitnehmer verdienen im Durchschnitt einen halben Prozentpunkt weniger. Eigentlich müssten daher auch die Renten allein schon dadurch reduziert werden. Stattdessen greift 2010 die Garantie. „Das lässt sich sicher voraussagen“, erläuterte Gunkel. Das kostet im nächsten Jahr 500 Millionen Euro, in den Folgejahren jeweils eine Milliarde.

 

Dazu hat sich auf dem Konto der Rentnergeneration noch ein weiteres Minus angesammelt. Es resultiert daraus, dass das Rentenniveau nicht so stark abgesenkt wurde, wie es die letzte Reform vorsah. So wollte die Bundesregierung schon früher fällige Rentenkürzungen vermeiden. Im Gegenzug sollen die Bezüger der 20 Millionen Ruheständler ab 2012 mit geringeren Rentenerhöhungen Vorlieb nehmen. Alles zusammen genommen müssten die Bezüge der Versicherten im Westen nächstes Jahr um 1,8 Prozent, im Osten sogar um 2,8 Prozent zurückgehen.

Nur die Schutzklauseln verhindern die Kürzung.


Die aktuelle Entwicklung hat Folgen für Rentner, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In den nächsten Jahren wird es laut DRV allenfalls geringe Rentenerhöhungen geben. 2010 gilt eine Nullrunde als sicher, 2011 als wahrscheinlich. In den Folgejahren ist bestenfalls ein minimaler Aufschlag drin. „Es kommt lange nicht mehr zu deutlichen Rentenerhöhungen“, kündigte DRV-Vorstand Annelie Buntenbach an, die die Gewerkschaften in der Rentenversicherung vertritt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen die Zeche für die Rentengarantien, weil die Beiträge zur Rentenversicherung nicht gesenkt werden können.


DGB-Vize-Chefin Buntenbach fordert eine politische Kehrtwende. „Die Senkung des Rentenniveaus war ein Fehler“, sagte die Gewerkschafterin und verlangt die Abschaffung der Faktoren, mit denen das Rentenniveau nach und nach vermindert wird. Dafür nehme der DGB auch höhere Beiträge in Kauf, räumte Buntenbach ein.


Ansonsten stehen die Rentenkassen allen Krisen trotzend stabil da. „Auch mittelfristig stehen die Zeichen nicht auf Sturm“, versicherte Gunkel. Im vergangenen Jahr erzielte die DRV einen Überschuss von 3,7 Milliarden Euro. Die Reserven wuchsen auf fast 16 Milliarden Euro an. Ende 2009 wird das Guthaben genauso hoch sein. Trotz Wirtschaftskrise haben sich die Einnahmen der Rentenversicherung bis Ende Oktober sogar um 0,3 Prozent erhöht. Auch hier wirkt die Kurzarbeit stabilisierend, weil die Arbeitsagentur Beiträge für die Kurzarbeiter bezahlt. Für das gesamte Jahr erwartet die Versicherung eine stabile Entwicklung, die wie 2008 rund 180 Milliarden Euro an Beiträgen einbringen dürfte. Dazu kommt noch der Bundeszuschuss von knapp 60 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr rechnet die DRV mit einem Defizit von vier Milliarden Euro, das aus den Rücklagen noch gut finanziert werden kann. Insgesamt ist der Vorstand mit der Finanzlage zufrieden. „Die gesetzliche Rentenversicherung hat die Finanzkrise unbeschadet überstanden“, stellte Gunkel fest.




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