Riskante Geschäfte gegen den Euro

Gefährdet die Griechenland-Krise private Ersparnisse und den Euro? Die wichtigsten Fragen und Antworten

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Von Hannes Koch

26. Feb. 2010 –

Für Griechenland wird es zunehmend eng. Einige große Banken wollen Medienberichten zufolge keine griechischen Anleihen mehr kaufen – was die Schuldenprobleme des Landes vergrößert. Die Deutsche Bank sieht sich gezwungen zu erklären: „Wir spekulieren nicht gegen Griechenland“. Und ein Verbraucherverband des Mittelmeerlandes ruft währenddessen zum Boykott deutscher Waren auf. Müssen wir uns Sorgen machen, dass die Krise außer Kontrolle gerät? Unsere Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Gefahren.


Was bedeutet ein Boykott deutscher Waren?

Viele Griechen ärgern sich über die vermeintlich arrogante Haltung Deutschlands, die in einem umstrittenen Cover des Nachrichtenmagazins „Focus“ gipfele. Auf die dort abgebildete antike Statue mit ausgestrecktem Mittelfinger (Titel: „Betrüger in der Euro-Familie“) reagierte ein Verbraucherverband am Freitag mit der Aufforderung, deutsche Waren zu meiden. Der Schaden könnte spürbar, aber nicht dramatisch sein. Nach Griechenland gehen insgesamt nur 0,8 Prozent der deutschen Exporte, unter anderem Fahrzeuge und Pharmaprodukte. Der Umfang Exporte belief sich 2009 auf 6,7 Milliarden Euro.


Gefährdet die Griechenland-Krise unsere Ersparnisse?

Nein. Deutsche Banken besitzen zwar griechische Staatsanleihen in der Größenordnung zweistelliger Milliarden-Beträge. Diese Papiere könnten stark an Wert verlieren. Der Verlust schlägt aber nicht auf die Ersparnisse von Bankkunden durch. Im Extremfall sind die Sparer durch die Einlagensicherung der Banken geschützt. Und in jedem Fall gilt die Garantie, die die Bundesregierung während der Finanzkrise für alle Spareinlagen in Deutschland gegeben hat.


Können Rentenfonds der Alterssicherung an Wert verlieren?

Ja. Aber der Anteil von griechischen Staatspapieren, deren Kurs sinkt, ist in den meisten Rentenfonds sehr gering. Er beträgt in der Regel wenige Prozent. Problematischer könnte es werden, wenn große Euro-Länder wie Spanien und Italien in den Abwärtssog geraten. Für Anleger ist es ratsam, sich über die Zusammensetzung der jeweiligen Fonds zu informieren. Wohlgemerkt betrifft die Möglichkeiten der Wertminderung nur Rentenfonds, die Geld am Kapitalmarkt anlegen - nicht die gesetzliche Rentenversicherung.


Muss man sich Sorgen über den Wertverlust des Euro machen?

Gegenüber dem Dollar hat der Euro in den vergangenen Wochen gut zehn Prozent an Wert verloren. Dies hängt mit der hohen Verschuldung Griechenlands zusammen, das auch ein Euro-Land ist. Von seinem Tiefstkurs ist der Euro heute aber noch sehr weit entfernt. Ende 2000 war ein Euro nur 85 US-Cent wert, heute 1,36 Dollar. Ein niedriger Eurokurs kann der Wirtschaft sogar helfen, weil deutsche Exporte ins Ausland dann günstiger werden. Auch andere Euro-Staaten profitieren von diesem Mechanismus.


Kann die Eurozone zerbrechen?

Eigentlich nicht, denn weder Austritt noch Ausschluss sind im Vertrag vorgesehen. Und die Mitgliedstaaten werden alles versuchen, um die Probleme in einzelnen Ländern zu lösen. Ganz grundsätzlich allerdings besteht die Gefahr, dass die Investoren an den Kapitalmärkten griechische Staatsanleihen nur noch dann kaufen, wenn deren Zinsen stark steigen. Weil auch deutsche Staatsanleihen auf Euro lauten, würden deren Zinsen ebenfalls zunehmen, was die Kosten der deutschen Staatsschulden erhöht. Die Bundesregierung könnte dann sagen: Es reicht uns, und Griechenland aus der Eurozone drängen. Das freilich erscheint völlig unrealistisch.


Wäre es schlimm, wenn Griechenland die Eurozone verließe?

Wir hätten ein großes Problem. Das Vertrauen der internationalen Kapitalanleger in die gemeinsame Währung wäre erschüttert, der Wert des Euro in Frage gestellt. Dieser Effekt würde sich verstärken, wenn nachfolgend auch Spanien, Portugal oder Italien in Schwierigkeiten gerieten.


Welchen Vorteil haben wir überhaupt vom Euro?

Der Euro hat sich zur wichtigsten Weltwährung nach dem Dollar entwickelt. Sein Kurs ist den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Viele Experten rechnen damit, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Damit werden Waren von außerhalb der Eurozone für europäische Verbraucher billiger. Das gilt zum Beispiel auch für Urlaub in den USA. Die gemeinsame europäische Währung verhindert zudem, dass die Währungen einzelner Staaten wie Deutschland, Frankreich, Italien oder Spanien im Verhältnis zueinander stark schwanken. Das schafft stabile, berechenbare Bedingungen für Unternehmen und Arbeitsplätze. Weil die gemeinsame Währung die Länder aneinander bindet, bietet sie zudem die Garantie, dass es nicht mehr zu Kriegen in Europa kommt.


Wie funktioniert die gegenwärtige Spekulation gegen Griechenland?

Kapitalinvestoren kaufen griechische Euro-Anleihen zur Zeit nur noch, wenn sie hohe Zinsen bieten. Das drückt gleichzeitig den Kurs der Anleihen, zu dem man diese auf dem Markt handelt. Gefährlich wird dies durch ein weiteres Geschäftsmodell. Manche Banken bieten Versicherungen an gegen den Wertverlust von griechischen Staatsanleihen. Weil es Griechenland schlecht geht, werden die Versicherungspolicen auf dem freien Markt teurer. Darauf setzen Spekulanten und treiben damit den Kurs griechischer Anleihen noch weiter in den Keller. Die Lage des Landes wird immer prekärer, seine Verschuldung kostspieliger.


Sollte man die Spekulation verbieten?

Den Handel mit Versicherungen stark einzuschränken, fordern unter anderem die Grünen. Selbst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lässt das prüfen. Entschieden ist aber noch nichts.


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