Saubere Dänen und korrupte Griechen

Deutschland nur Mittelmaß bei der Korruptionsbekämpfung

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Von Wolfgang Mulke

05. Dez. 2012 –


Wo steht Deutschland bei der Korruption im internationalen Vergleich?


Unter 176 von der Organisation Transparency International (TI) untersuchten Länder rangiert Deutschland auf dem 13. Rang und damit etwas besser als im vergangenen Jahr. Spitzenreiter der Rangliste sind Dänemark, Finnland und Neuseeland, deren Politiker und Verwaltungen von den in vielen Studien befragten internationalen Geschäftsleuten als am saubersten wahrgenommen werden. Schlusslichter sind Afghanistan, Nordkorea und Somalia. Der Index entsteht auf der Basis von Wahrnehmungen und Erfahrungen, nicht aufgrund einer wissenschaftlichen Studie. Trotzdem gibt er aufgrund der vergleichsweise umfangreichen Datenbasis ein gutes Bild der Lage ab.


Sind die Politiker in Deutschland für Geschenke oder Vorteile anfällig?


Regierungen und Parlamentarier erhalten von TI eine gute Bewertung. „Wir sind der Meinung, dass unsere Abgeordneten integerer sind, als viele Menschen meinen“, sagt die Chefin der Organisation, Edda Müller. Das gilt vor allem im Vergleich zu Ländern der dritten Welt, wo die Parlamente oft von den wirtschaftlichen Eliten bestimmt werden, die unter dem Schutz ihrer Immunität oft auch durch Gesetzesbrüche ihre eigenen Interessen verfolgen.



Warum liegt Deutschland dann doch nur auf Platz 13?


Das hängt Müller zufolge mit dem Unwillen des Bundestags zusammen, sich selbst mehr Offenheit zu verschreiben. So hat Deutschland noch immer nicht die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert, die Abgeordnetenbestechung zu einem Straftatbestand werden lässt. Auch aus der Debatte um die Nebeneinkünfte von Parlamentariern hat der Bundestag noch keine Konsequenzen gezogen. Zwar liegt ein neues Modell für die Veröffentlichung von Nebeneinkünften, zum Beispiel für Reden bei Lobbyverbänden, vor. Damit würde die Öffentlichkeit genauer erfahren, ob ein Abgeordneten für eine Tätigkeit 1000 Euro oder 250.000 Euro erhält. Doch die Regierungsfraktionen haben eine Neuregelung erst einmal auf die Zeit nach der Bundestagwahl vertagt. Das kritisiert TI. „Das Aussitzen wichtiger Reformen zur Korruptionsprävention durch die Mehrheit des Deutschen Bundestages muss ein Ende haben“, fordert Müller.


In welchen Bereichen spielt Korruption in Deutschland noch eine Rolle?


Das genaue Ausmaß von Korruption lässt sich kaum feststellen, weil die Beteiligten von Natur aus im Dunklen agieren. Aber es gibt Bereiche, in denen immer wieder Fälle ans Licht kommen. Generell sieht TI Schwachpunkte in der Vergabe öffentlicher Aufträge. Hier geht es um viel Geld und damit steigt die Versuchung, auf illegalen Wegen an lukrative Arbeiten zu kommen. Auch das Gesundheitswesen ist Müller zufolge anfällig für Gefälligkeiten. Sie beklagt, dass die Ärzteorganisationen wenig Interesse an einer Aufklärung über das Ausmaß von Korruptionsfällen in der Ärzteschaft zeigen.


Haben die Euro-Krisenländer schon Erfolg im Kampf gegen Bestechung und Vorteilsnahme?


Eher ist das Gegenteil der Fall. Griechenland ist im TI-Index deutlich abgerutscht und liegt nur auf Platz 94, zwischen Dschibuti und Indien. „Man hat anscheinend nicht versucht, das Problem aktiv anzugehen“, sagt Müller. Zum schlechten Image trägt unter anderem bei, dass die Regierung lange Zeit keine ernsthaften Versuche unternommen hat, Steuern für rund 260 Milliarden Euro einzutreiben, die reiche Griechen ins Ausland gebracht haben. Dabei waren dem Finanzminister die Namen der Besitzer bekannt. Laut TI ist das ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig der Aufbau effizienter Verwaltungen und einer guter Regierungspolitik ist. Auch Italien steht nicht gerade gut da und findet sich nur auf Rang 72, kurz vor Bulgarien und Liberia.


Gibt es einen Zusammenhang zwischen viel Korruption und einer schweren Krise?


Laut TI spielen Krisen nicht die wichtigste Rolle für die Ausbreitung von Bestechung. „Wir glauben, dass Korruption häufig Hand in Hand geht mit dem Versagen von Institutionen wie Verwaltungen oder Gerichten“. Auch eine schlechte Regierungspolitik fördere die Anfälligkeit für ein unsauberes Verhalten.

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