• Arbeiterin auf den Philippinen: Menschenrechtsorganisationen aus ganz Europa üben Kritik an den Bedingungen bei den Handy-Zulieferern (Foto: ITUC)

Schlechte Arbeit in Handy-Fabriken

Bis zu 180 Überstunden pro Monat müssen junge Arbeiterinnen in den Fabriken von Nokia, Motorola und anderen Elektronik-Konzernen leisten

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Von Hannes Koch

03. Okt. 2008 –

Die schlechten Arbeitsbedingungen bei großen Handy-Konzernen kritisieren jetzt Menschenrechtsorganisationen aus ganz Europa. Als Hauptproblem nennt die neue Studie die viel zu langen Arbeitszeiten in den asiatischen Zulieferfirmen, die Nokia, Motorola und anderen Handy-Unternehmen beliefern. Herausgegeben haben den Report unter anderem Germanwatch und die Verbraucherinitiative aus Deutschland, die niederländische Organisation Somo, sowie die Schwedische Kirche.

 

Mit finanzieller Förderung der Europäischen Union besuchten die Rechercheure im Herbst 2007 sechs Handy-Fabriken in China und auf den Philippinen, die für Nokia, Motorola, Samsung, Sony Ericsson und LG arbeiten. In einer Fabrik im südchinesischen Shenzhen berichteten die Arbeiterinnen, dass sie in Schichten von elf bis 13 Stunden arbeiten – sechs Tage pro Woche. In Spitzenzeiten leisteten sie demnach bis zu 180 Überstunden pro Monat. Das widerspricht dem chinesischen Gesetz, das höchstens 36 Überstunden pro Monat erlaubt. Die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die weltweit anerkanntes Wirtschafts- und Sozialrecht beschreiben, legen eine ähnliche Grenze fest.

 

Für die extrem langen Arbeitszeiten erhalten die meist zwischen 16 und 30 Jahre alten Arbeiterinnen in Shenzhen maximal 169 Euro pro Monat, haben die Menschenrechtler festgestellt. Diese Bezahlung liege zwar deutlich über dem staatlich festgesetzten Mindestlohn, der in Shenzhen 79 Euro pro Monat betrug. Meist reiche die Entlohnung aber kaum, um Lebensmittel, eine eigene Unterkunft und die Überweisungen an die Familie auf dem Lande zu bezahlen.

 

Die Arbeiterinnen seien deshalb gezwungen, in den Unterkünften der Fabriken zu schlafen – mit bis zu 20 Personen pro Zimmer. Eine Familie zu gründen, ist angesichts der schlechten Bezahlung illusorisch. Auch dies widerspricht internationalem Recht. „Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert“, heißt es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948.

 

Das Gebot des Gesundheitsschutzes werde ebenso missachtet, so die Studie. Die Rechercheure dokumentieren, wie die Beschäftigten mit Farben, Lacken und auch Säuren hantieren, ohne dass sie widerstandsfähige Handschuhe und wirksamen Atemschutz tragen. „Die Arbeiterinnen zahlen einen hohen Preis dafür, dass wir Handys billig kaufen können“, sagt Cornelia Heydenreich von Germanwatch, „den Frauen in den asiatischen Fabriken werden ihre Grundrechte vorenthalten.“

 

Einige der kritisierten Konzerne räumen Probleme bei den Arbeitsbedingungen ein. „Es gibt immer Raum, um die sozialen und ökologischen Bedingungen zu verbessern“, schrieb Pekka Isosomppi, Nokia-Manager für Unternehmensverantwortung, an die Menschenrechtler. Das Unternehmen versuche, Einfluss auf die Zulieferbetriebe in China auszuüben und die Arbeitsbedingungen permanent zu verbessern. Dazu gehöre auch, die Überstunden zu verringern, so Isosomppi.

 

Verbände aus ganz Europa, darunter Somo aus den Niederlanden und Germanwatch aus Deutschland, haben sich in der Kampagne „make IT fair“ zusammengeschlossen. Sie wollen bessere Arbeitsbedingungen in der globalen Elektronikindustrie durchsetzen.

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