Schlechte Karten für Bremser

Kommentar zum Energie-Gipfel von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

02. Nov. 2012 –

Die Energiewende ist schneller, als die Bundesregierung erlaubt. Landwirte und Häuslebauer, Handwerker und mittlerweile auch die Landesregierungen der wohlhabenden Südländer Bayern und Baden-Württemberg treiben den Wandel voran. Regelmäßig übersteigt deshalb die Menge des gelieferten Ökostroms die Planung der Bundesregierung. Beim Energiegipfel am Freitag versuchten Merkel und ihre Minister abermals, die Entwicklung und den Eifer der Akteure zu zähmen. Auf der Ebene der Sprachregelung mit gewissem Erfolg: Die Länder zeigten Bereitschaft, nicht jeden geplanten Windpark auch zu errichten.


Faktisch aber wird die aus der Angst vor zu schnell steigenden Ökostromkosten geborene Intervention Merkels nicht viel nützen. Denn mittlerweile ist die ökologische Energieproduktion in Deutschland kein Nischenprojekt mehr. Im Gegenteil ist dies verknüpft mit zunehmend mächtigen Eigeninteressen. Immobilienbesitzer können heute beispielsweise den Strom für ihr Haus mit einer Solaranlage billiger herstellen, als der Kauf beim Energieunternehmen kosten würde. Warum sollte man dann noch Kohlestrom erwerben? Landräte und Bürgermeister sehen, dass sie mit Wind- und Solarparks Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Gegenden schaffen, die im Windschatten der wirtschaftlichen Entwicklung liegen. Auch die Landesregierungen von Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg oder Bayern interessiert die Förderung der regionalen Wirtschaft. Hinzu kommt das Bestreben, der Industrie verlässlich Strom aus billigen Quellen zur Verfügung zu stellen. Die Vorteile liegen bei der Ökoenergie: Die Preise für fossile Energieträger sind dramatisch gestiegen – und werden es vermutlich weiter tun.


Wenn die Bundesregierung ihre Haltung nicht ändert, könnte es deshalb sein, dass sie der Energiewende auch künftig hinterherläuft, anstatt sie zu gestalten. Dabei gibt es heute tatsächlich einige Probleme, die man regeln muss. Gegenwärtig verläuft die Energiewende oft unkoordiniert. Gut wäre es auch, wenn sich Bund und Länder verständigten, wann wo welche Anlagen gebaut werden. Nur dann lässt sich die Infrastruktur der Leitungen den Erfordernissen anpassen. Bei solchen Fragen könnten sich Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler durchaus nützlich machen. Als Bremser haben sie dagegen schlechte Karten.

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