Schlechter E-Bike-Test treibt Radbranche um

Stornierungen und Abbestellungen wegen „mangelhaften“ Testergebnisse für viele Elektro-Fahrräder. Produzenten stellen Methoden der Stiftung Warentest infrage

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Von Hannes Koch

18. Jun. 2013 –

Die Fahrrad-Branche hat mit dem miserablen Ergebnis des Elektrorad-Tests zu kämpfen, den die Stiftung Warentest unlängst veröffentlichte. „Die Kunden sind verunsichert“, sagt Susanne Eickelmann vom Verband des Zweiradhandels. Elektroräder „werden abbestellt und Kaufentscheidungen vertagt“. Der Verband befürchtet, dass unter anderem deshalb die diesjährigen Verkaufszahlen hinter denen von 2012 zurückbleiben.


Die Stiftung hatte 16 der sogenannten Pedelecs getestet – Räder, die mit unterstützendem Elektromotor bis zu 25 Kilometer pro Stunde schnell sein dürfen. Nur zwei Gefährte schnitten mit dem Urteil „Gut“ ab. Neun erhielten dagegen die Note „Mangelhaft“, weil beispielsweise die Rahmen oder die Lenker unter Dauerbelastung brachen. Hinzu kamen schlechte Bremsen und andere Defekte.


Seitdem ist die Branche in Aufruhr. Manches Fahrradgeschäft bestätigt auf Nachfrage „negative Reaktionen“ der Kunden, andere verneinen diese. Bei der Radhandelskette Little John Bikes heißt es, während der ersten Tage nach Veröffentlichung des Tests seien die Kunden „völlig verunsichert“ gewesen, mittlerweile habe sich die Aufregung aber gelegt. Die Hersteller der durchgefallenen Räder verschickten inzwischen reihenweise Erklärungen, in denen sie die Testergebnisse anzweifeln.


Schlecht weggekommen bei der Stiftung Warentest ist unter anderem die Firma Biketec AG aus Huttwil in der Schweiz, die Elektroräder der Marke Flyer produziert. Diese geniessen einen guten Ruf, weshalb sie gerne im Tourismus eingesetzt werden. Warentest allerdings gab dem überprüften Rad nur die Note „mangelhaft“. Begründung: Im Belastungstest seien „die Ausfallenden gebrochen“. Das ist der Teil des Rahmens, in dem die Hinterradachse festgeschraubt ist.


Biketec-Geschäftsführer Kurt Schär sagt dazu: „Wie ein Ausfallende brechen kann, ist für uns nicht nachvollziehbar.“ Ein derartiger Defekt sei noch nie vorher registriert worden. Schär bemängelt, dass ihm die Stiftung die technischen Angaben zum Test „nach wie vor nur unvollständig“ zur Verfügung gestellt habe – was die Tester bestreiten. In anderen Tests hätten seine E-Bikes im übrigen gute Noten erhalten, fügt der Geschäftsführer hinzu. Um der Besorgnis der Kunden vorzubeugen, hat das Unternehmen seine Garantie für alle Modelle nun auf zehn Jahre erhöht – auch für alte. Außerdem führt man selbst Testreihen durch, um mögliche Fehler auszuschließen.


Die Produzenten und Händler attackieren die Stiftung Warentest vor allem wegen vermeintlich zu harter Prüfbedingungen. Ein süddeutscher Radhändler, der nicht genannt werden möchte, bezeichnet die Warentest-Prüfung als „Kaputtmachtest“. Bei der Radmarke Fischer, deren Pedelec wegen eines „Gabelanrisses“ ebenfalls ein „mangelhaft“ kassierte, heißt es, die Kriterien seien viel strenger als bei anderen Untersuchungen. Sie spiegelten deshalb nicht die realen Belastungen wider, denen die Räder im Alltag ausgesetzt seien.


Kolja Oppel von der Stiftung Warentest weist diese Argumente zurück. Er beschreibt das Verfahren unter anderem so: Bei Probefahrten würden die tatsächlich wirkenden Kräfte elektronisch aufgezeichnet. Diese müssten die Räder dann im Labor so lange ertragen, wie es im praktischen Leben 20.000 Kilometern Fahrt entspräche. Die Belastungen im Test seien deshalb nicht unrealistisch hoch.


Verbände, Produzenten und Händler kritisieren außerdem, dass die Stiftung den Test in Partnerschaft mit dem ADAC durchführte, der Autolobby. Da könne ja nur ein Fahrrad-Verriss herauskommen, lautet die Botschaft. Warentest-Mitarbeiter Oppel kontert, dass der Automobilclub einen Teil der Finanzen zu dem teuren Test beigetragen habe, den sich die Stiftung sonst nicht habe leisten können. „Die Testmethoden hat der ADAC nicht beeinflusst“, so Oppel.

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