Schockbilder und Werbeverbot

Bundesregierung beschließt neue Regeln für Tabakerzeugnisse und setzt damit eine europäische Richtlinie um. Ab Mai sollen die Raucher durch Schreckensbilder vom Konsum abgehalten werden.

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Von Wolfgang Mulke

16. Dez. 2015 –

Im nächsten Frühjahr wird sich mancher Raucher zweimal den Griff zur Zigarettenpackung überlegen. Denn auf den Verpackungen werden ihm dann großflächige Bilder von schwarzen Lungen oder Raucherbeinen die Lust auf das Nikotin austreiben. Das erhofft sich jedenfalls die Bundesregierung von den neuen Regeln für die Tabakindustrie, die sie an diesem Mittwoch beschlossen hat. Deutschland setzt damit die europäische Tabakrichtlinie um.

 

„Ich will die Verbraucher bestmöglich vor dem größten vermeidbaren Gesundheitsrisiko schützen: dem Rauchen“, sagt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). Insbesondere der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Tabakkonsums stehe im Vordergrund. Die EU geht von jährlich rund 700.000 vermeidbaren Todesfällen aus. Dabei hat die große Mehrheit der erwachsenen Raucher bereits in jungen Jahren zur Zigarette gegriffen. 94 Prozent haben vor dem 25. Lebensjahr erstmals Rauch inhaliert.

 

Ändern wird sich vor allem das äußere Erscheinungsbild der Zigarettenpackungen. 65 Prozent der Fläche auf der Vorder- und auf der Rückseite werden künftig für Warnhinweise und abschreckende Bilder reserviert. An den schmalen Seiten muss die Hälfte der Fläche mit Gesundheitswarnungen bedeckt werden. Sätze wie „Rauchen ist tödlich“ oder „Tabakrauch enthält über 70 Stoffe, die erwiesenermaßen krebserregend sind“, sollen den Konsumenten ein schlechtes Gewissen eintragen. Auch Tabakpäcken zum Selberdrehen erfasst die Richtlinie, die auch noch vom Bundestag abgesegnet werden muss.

 

„Internationale Untersuchungen zeigen, dass Schockbilder Nichtraucher davon abhalten mit dem Rauchen anzufangen“, sagt der SPD-Abgeordnete Lothar Bindung, der seit Jahren für strengere Nikotingesetze kämpft. Das Heidelberger Kresbforschungszentrum habe zudem herausgefunden, dass mit diesen Fotos auch soziale Randgruppen erreicht werden, die von anderen Anti-Tabak-Kampagnen nicht erreicht werden.

 

Ausgenommen von der Kennzeichnungsregel bleiben vorläufig noch Rauchprodukte, die vergleichsweise selten nachgefragt werden, zum Beispiel Zigarren und Zigarillos. Damit niemand an den Warnhinweisen vorbeikommt, schreibt der Gesetzgeber eine Mindestpackungsgröße vor. Wenigstens 20 Zigaretten muss ein Päckchen enthalten. Kleinere Einheiten werden verboten. Auch aromatisierten Tabakartikeln droht das Aus, zum Beispiel der Mentholzigarette. Führ existierende Produkte gilt allerdings noch eine vierjährige Übergangsfrist, bis sie ganz aus den Regalen verschwinden müssen.

 

Schmidt kündigte ferner ein Außenwerbeverbot für Tabak an, „damit Deutschland hier nicht mehr neben Bulgarien das Schlusslicht bildet“, wie er sagt. Derzeit berät der Bundestag bereits ein Verbot des Verkaufs von E-Shishas und E-Zigaretten an Kinder und Jugendliche. Die EU-Kommission erhofft sich eine große Wirkung der Richtlinie. Innerhalb von fünf Jahren soll der Tabakverbrauch um zwei Prozent zurückgehen, was einer Zahl von 2,4 Millionen Rauchern weniger gleichkäme. Die Einsparungen im Gesundheitswesen beziffert die Kommission auf über ein halbe Milliarde Euro im Jahr. Binding gehen die heutigen Regeln noch nicht weit genug. Der Politiker fordert ein bundeseinheitliches Rauchverbot in der Gastronomie sowie ein Werbeverbot für Tabakartikel.

 

 

 

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