Schon 2012 bessere Pflegeleistungen für Demenzkranke

Bundeskabinett verabschiedet Eckpunkte für Pflegereform / Sozialverbänden reicht das zusätzliche Geld noch nicht

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Von Wolfgang Mulke

16. Nov. 2011 –

Ab wann bekommen Demenzkranke oder ihre Angehörigen Leistungen der Pflegekasse?


Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will die Versorgung von Demenzkranken schon im kommenden Jahr verbessern, noch bevor mit einer Beitragssatzerhöhung 2013 das Geld dafür eingenommen wird. „Nicht alle sollen ein bisschen bekommen, sondern die in den Betreuungsstufen Null und Eins einen zusätzlichen Betrag“, kündigt der Minister an. Die Betreuungsleistungen für die Kranken werden Bestandteil der Pflegeversicherung und die Leistungen besser auf ihre Befürfnisse zugeschnitten werden. Konkreter wurde Bahr bislang nicht.


Ist dafür genügend Geld vorhanden?


Diese Frage ist höchst umstritten. Der Gesundheitsminister will den Beitragssatz zur Pflegeversicherung 2013 um 0,1 Prozentpunkte anheben und so 1,1 Milliarden Euro mehr einnehmen. Von dieser Summe will Bahr die Leistungen für Demenzkranke bezahlen. Der Sozialverband Deutschland (VdK) hält das für zu wenig. „Um die häusliche Pflege von Demenzkranken finanziell zu unterstützen, sind mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr notwendig“, rechnet VdK-Präsidentin Ulrike Mascher vor. Auch die Opposition sieht darin noch kein Konzept für eine langfristige Finanzierung dieser Sozialversicherung. DGB und Grüne fordern eine Bürgerversicherung, bei der auch Beamte und Selbständige Beiträge für die Pflege bezahlen müssen.


Welche Kriterien werden für die Pflegebedürftigkeit künftig angelegt?


Die zentrale Frage der Pflegereform bleibt weiterhin offen. Ein Expertenbeirat soll festlegen, welche Kriterien künftig erfüllt werden müssen, damit es Leistungen der Pflegekasse gibt. Dessen Empfehlung hängt auch vom finanziellen Rahmen ab, den die Bundesregierung vorgibt. Eine weitere Frage ist, ob und inwieweit seelisch-geistige Gebrechen, an denen beispielsweise Demenzkranke leiden, berücksichtigt werden. „Die Regierung spielt auf Zeit“, befürchtet die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Hilde Mattheis.


Müssen die Betroffenen weiterhin die peinliche Befragung durch den medizinischen Dienst hinnehmen?


Die Untersuchung wird wohl weiterhin notwendig sein. Die Koalition will allerdings den Service des Medizinisches Dienstes verbessern und fristgerechter entscheiden lassen, ob es Leistungen für die Betroffenen gibt oder nicht. Einzelheiten stehen noch nicht fest.


Ändert sich an den Leistungen etwas?


Die Koalition will flexiblere Leistungen einführen. Hilfebedürftig sollen zwischen Leistungspaketen und Zeitkontingenten wählen dürfen. Bei letzteren könnten die Betroffenen selbst festlegen, welche Hilfen sie beanspruchen.


Wird der Beruf als Pflegerin oder Pfleger künftig attraktiver?


Das ist eines der Ziele der Reform. Denn angesichts des wachsenden Pflegebedarfs wird mehr Personal benötigt. In den nächsten Jahrzehnten steigt die Zahl der Pflegebedüftigen von heute 2,4 Millionen auf rund vor Millionen an. Zugleich gehen Deutschland überall die Fachkräfte auf. Die Bundesregierung will die Ausbildung des Pflegepersonals vereinheitlichen und die Beschäftigten von bürokratischen Aufgaben befreien.


Ist die zusätzliche private Pflegevorsorge bald Pflicht?


Eine verpflichtende Privatversicherung wird es nicht geben. Die Bürger sollen freiwillig eine Police anschließen. Dies will Gesundheitsminister steuerlich fördern. Wie und in welchem Umfang der „Pflege-Bahr“ mit Steuermitteln unterstützt wird, ist noch völlig offen. Das Vorhaben wird von der Opposition und Sozialverbänden heftig kritisiert. „Geringverdiener haben davon nichts“, warnt Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn. DGB-Vize Annelie Buntenbach sieht in den Plänen lediglich eine Subvention der privaten Versicherungen.


Wie geht es jetzt weiter?


Das Gesundheitsministerium bereitet nun einen Gesetzentwurf vor, der bis zum kommenden Sommer vom Bundestag beschlossen werden soll. Parallel erarbeitet ein Beirat eine neue Definition des Pflegebegriffes. Anfang 2013 könnte dann das Gesamtpaket umgesetzt werden.


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