Schreib mal einen Brief
Kommentar zur Bürgerbeteiligung von Hannes Koch
21. Jun. 2012 –
Ein Ergebnis der Bürgerbeteiligung für die neuen Stromleitungen steht heute schon fest. Viele Leute werden sich nächstes Jahr darüber beschweren, dass der Staat und die Unternehmen sie nicht ausreichend informiert hätten. Mit gewisser Berechtigung wird die Bundesregierung dann antworten: Ihr hattet die Gelegenheit, ließt sich aber verstreichen.
Chancen und Grenzen politischer Partizipation lassen sich selten so gut beobachten wie beim aktuellen Planungsverfahren für die neuen Hochspannungsleitungen. Jetzt wird die rechtliche Grundlage für das Netz der Energiewende geschaffen. Alle Bürger können sich einklinken – fast niemand tut es. Warum? Zum Teil liegt es sicher daran, dass Dinge erst dann wichtig werden, wenn sie vor der Türe stehen. Was in zwei Jahren passiert, ist noch so weit weg. Alltäglicher Attentismus und politische Unreife sind zwei Seiten derselben Medaille.
Aber auch die Politik trägt Mitverantwortung. Wenn man, wie die Bundesregierung, mehr Beteiligung organisiert, muss man die Bürger ernst nehmen. Daran hapert es jedoch. Beispielsweise sind die Fristen im Verfahren viel zu kurz. Sechs Wochen Zeit von Ende Mai bis Mitte Juli reicht selbst für Super-Spezialisten der Energiepolitik kaum aus, um die Netzplanung der Unternehmen zu durchleuchten. Wie sollen dann die Bürger tragkräftige Gegenargumente entwickeln? Wenn es nicht zu einem ähnlichen Schlamassel wie beim Bau des Stuttgarter Bahnhofs kommen soll, muss die Regierung das Planungsverfahren zeitlich verlängern.