Schulstreikerin beim WEF

Die 16jährige Klima-Aktivistin Greta Thunberg reiste mit dem Zug von Schweden nach Davos, um den Managern und Politikern ins Gewissen zu reden.

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Von Hannes Koch

25. Jan. 2019 –

Greta Thunberg sieht aus wie ein kleines Mädchen mit ihren Zöpfen und der weißen Pudelmütze. Aber sie ist eine große Nummer – selbst beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Gerade kommt die 16Jährige Klima-Aktivistin von einem Treffen mit Christine Lagarde, der Chefin des Internationalen Währungsfonds. Jetzt warten vielleicht 30 Journalisten und Reporterinnen, ein Dutzend Kamerateams, und zahlreiche Fotografen auf sie.

Thunberg hat ihr Protestschild dabei, ihr Markenzeichen. „Skolstreijk för klimatet“ steht schwarz auf weißem Grund. Bei dieser Pressekonferenz unweit des Davoser Kongresszentrums will und soll sie der Öffentlichkeit nochmal erklären, worum es geht. „Wir stehen vor einer Katastrophe mit unglaublichem Leid“, sagt sie, „ich will nicht, dass Ihr Hoffnung habt, ich will, dass Ihr Angst habt“. Die Jugendliche aus Schweden verlangt, den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids sofort und radikal zu senken.

Mit ihrer regelmäßigen Protestaktion, freitags wegen des Klimas den Schulunterricht zu bestreiken, hat Thunberg mittlerweile über 100.000 Anhänger in den sozialen Netzwerken gewonnen. In zahlreichen deutschen Städten, beispielsweise Freiburg, gibt es Gruppen, die ebenfalls die Schule boykottieren. Am Freitag fand eine Demonstration mit etwa 4.500 Leuten vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin statt. Minister Peter Altmaier sagte, er wolle mit den Schülerinnen und Schülern reden. Parallel verhandelte die Kohlekommission in der Hauptstadt darüber, wann die deutschen Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. In München waren 3.000 Klima-Engagierte auf der Straße. Am „Marsch für das Klima“ in Brüssel nahmen am Donnerstag 32.000 Kinder und Jugendliche teil.

Die Klima-Aktivistin, die von ihrem Vater in Davos begleitet wird, ist schüchtern und energiegeladen zugleich. „Ich mag es eigentlich nicht, vor Leuten zu reden und im Fokus zu stehen“, sagt sie mit leiser Stimme. Sie ist gestresst und aufgeregt, kommt mit dem hohen Stuhl nicht zurecht. Manche der komischen Journalisten-Fragen versteht sie nicht richtig. Nachdem sie in Fahrt gekommen ist, spricht sie jedoch geradeheraus und offensiv, in bestem Englisch.

„Unser Haus steht in Flammen“, beginnt ihr vorbereiteter Text, den sie vom Blatt abliest. Die Klimakrise sei die größte Herausforderung, der die Menschheit jemals gegenübergestanden habe. Sie wirft den Erwachsenen vor, schuld daran zu sein. Thunbergs Forderung, wie die des Klimarats der Vereinten Nationen, lautet, die Kohlendioxidemissionen bis 2030 um fast die Hälfte, bis 2050 auf Null zu senken. Sie ist davon überzeugt, dass sonst die Existenz der gesamten Menschheit auf dem Spiel steht.

„Wir können das schaffen“, sagt sie. Sie selbst fliegt beispielsweise nicht mehr und hat die Reise von Schweden nach Davos mit dem Zug bewältigt, was anderthalb Tage für eine Strecke braucht. Auch ihre Mutter, eine Opernsängerin, habe sie von Fliegen abgebracht.

Ihr Leben habe sich sehr verändert, seit sie die Aktionen begonnen habe, erzählt sie. Viele Tage verbringe sie jetzt mit politischer Arbeit. Ihre Lehrer würden ihr helfen, den Unterrichtsausfall der Streiktage nachzuholen. „Ich habe jetzt etwas gefunden, das ich tun muss“, sagt Thunberg. Laut Evangelischen Pressedienst (epd) leidet sie am Asperger-Syndrom, einer Art Autismus.

Thunberg handelt nicht alleine. Unterstützt wird sie mittlerweile von einigen Organisationen der Klimaretter-Lobby, etwa vom Global Strategic Communications Councils (GSCC). Die Organisation „Every Breath Matters“ (Jeder Atemzug zählt) des US-Aktivisten Callum Grieve listet die Schwedin als „Champion der Sauberen Luft“, neben Schauspieler Leonardo DiCaprio und Investor Nicolas Berggruen.

Die Klima-Frage war eines der großen Themen beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum. Chef Klaus Schwab und seine Crew hatten mehrere Dutzend Veranstaltungen organisiert. Viel Prominenz reiste an, unter anderem der britische Prinz William und der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore. Beim Hotel Schatzalp oberhalb von Davos hatten Wissenschaftler ihr Arctic Base Camp aufgebaut. Dort zeigten sie, wie die Erwärmung der Erdatmosphäre das Poleis schmelzen lässt.

Nach der Pressekonferenz wollte Thunberg in Davos an Protestaktion von Schülern und Schülerinnen teilnehmen, hieß es. Etwa 50 Jugendliche erschienen. Wegen des Weltwirtschaftsforums blieben die Schulen geschlossen. Die Klassen waren auf den Skipisten.

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