• Demo gegen CETA und TTIP |Foto: Foodwatch

Schwierige Zeiten für SPD-Chef Gabriel

Mit Demos machen Kritiker der Freihandelsabkommen Druck. Wenn Wirtschaftsminister Gabriel den kleinen Parteitag nicht hinter sich bringt, droht der EU eine Blockade.

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Von Hannes Koch

15. Sep. 2016 –

Der Konflikt um die Freihandelspolitik geht einem Höhepunkt entgegen. Mit den Demonstrationen in sieben deutschen Städten am kommenden Samstag könnte der hiesige Protest gegen die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Nordamerika deutlich zunehmen. Auch deshalb steht SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel beim Parteikonvent am nächsten Montag eine unangenehme Debatte bevor. Vom Ergebnis hängt möglicherweise ab, ob die EU dem Vertrag mit Kanada zustimmt.

Es geht um zwei Freihandelsabkommen. Die Vereinbarung zwischen Europa und Kanada (Ceta) ist weitgehend fertig. Die Verhandlungen mit den USA über den ähnlichen TTIP-Vertrag kommen dagegen schlecht voran. Beides lehnen der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Umweltorganisation Greenpeace und 28 weitere Organisationen ab, die zu den Demonstrationen am Samstag in Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart aufrufen. Sie hoffen, die Zahl der Teilnehmer zu überschreiten, die im Oktober 2015 demonstrierten. Damals kamen zwischen 150.000 und 250.000 Bürger nach Berlin.

Je höher die Zahl der Teilnehmer, desto mehr steigt der Druck auf Gabriel und die SPD. Bei ihrem kleinen Parteitag am kommenden Montag in Wolfsburg beschäftigen sich die Sozialdemokraten wieder einmal mit den umstrittenen Verträgen. Es droht eine Kampfabstimmung, die mit Gabriels Niederlage enden könnte.

Die Lage innerhalb der SPD sieht so aus: Gabriel und der Parteivorstand halten den ausgehandelten Vertrag mit Kanada für grundsätzlich in Ordnung – unter der Voraussetzung, dass Verbesserungsvorschläge des EU-Parlamentes und des Bundestages noch eingearbeitet werden. Dagegen verlangen die Kritiker, darunter Matthias Miersch von der Parlamentarischen Linken, weitgehende Änderungen.

Miersch fordert unter anderem, das „Kapitel zum Investitionsschutz gänzlich zu streichen“. Darin wird geregelt, dass beispielsweise kanadische Firmen vor einem internationalen Investitionsgerichtshof gegen deutsche Behörden klagen können. Europäische Firmen hätten dasselbe Recht gegen Kanada. Gabriel rechnet sich erzielte Verbesserungen an diesem Punkt als Pluspunkt an. Außerdem lehnt Miersch einen neuen europäisch-kanadischen Regierungsausschuss ab, der Gesetzesvorhaben der jeweils anderen Seite vorab prüfen soll. Das schränke die Befugnisse der Parlamente ein, so der SPD-Linke.

Gegenwärtig laufen die Verhandlungen zwischen den Befürwortern und Kritikern innerhalb der SPD. Ein Kompromiss erscheint möglich, wenn beide Seiten sich bewegen. Die Einigung ist aber noch nicht unter Dach und Fach.

Wenn Gabriel den kleinen Parteitag hinter sich bringt, kann die Bundesregierung Ceta im Europäischen Rat zustimmen, der vermutlich am 18. Oktober stattfindet. Danach würden die Beratungen im EU-Parlament und den nationalen Volksvertretungen stattfinden. Die Ergebnisse müssten in den Vertragstext schließlich noch eingearbeitet werden. Zuvor können nur die Teile von Ceta in Kraft treten, die ausschließlich der Zuständigkeit der EU-Institutionen unterliegen. Auch dieses Verfahren allerdings lehnen viele Kritiker ab. Sie befürchten, dass die EU-Kommission die Volksvertreter umgeht.   

Sollte SPD-Chef Gabriel am kommenden Montag allerdings eine Niederlage einstecken, wird es heikel für ihn. Nicht nur wäre er düpiert. Mangels Einigkeit zwischen SPD und Union, die Ceta befürwortet, müsste sich die Bundesregierung auf EU-Ebene eigentlich enthalten. Deutschland würde das Verfahren insgesamt blockieren – was viele andere EU-Regierungen nicht nachvollziehen können.

Beim Freihandelsabkommen TTIP mit den USA liegen Union und SPD sowieso weit auseinander. Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte es abschließen. Gabriel dagegen ist skeptisch, ob der Vertrag überhaupt noch Chancen hat. Seine öffentliche Kritik an TTIP, so hofft Gabriel, könnte es seiner Partei leichter machen, ihm grünes Licht bei Ceta zu geben.

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