Sparsam trotz Raddampfer Kaiser Wilhelm

Die Regierung prasst nicht. Ihre Ausgaben sinken

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Von Hannes Koch

16. Nov. 2012 –

Das Füllhorn spendet Milliarden. Deutschland scheint es ziemlich gut zu gehen: Die Steuereinnahmen des Staates steigen stark, 2013 liegen sie um satte 45 Milliarden Euro über denen von 2011. Was machen die Finanzminister und Stadtkämmerer eigentlich mit den zusätzlichen öffentlichen Mitteln?


Ein Blick in den Bundeshaushalt für 2013, den der Bundestag in der kommenden Woche beschließt, zeigt die Tendenz. Die gigantischen Steuermehreinnahmen bedeuten keineswegs, dass der Staat in Geld schwimmt. Denn in den vergangenen Jahren konnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen Etat nur ausgleichen, indem er immer wieder neue Kredite aufnahm. Alleine 2012 beträgt die Neuverschuldung des Bundes 28 Milliarden Euro. So wird das zusätzliche Geld nun im wesentlichen dafür verwendet, Schulden durch tatsächliche Einnahmen zu ersetzen.


Beispiel 2013: Die Steuereinnahmen des Bundes steigen um rund vier Milliarden Euro. Demgegenüber soll die Neuverschuldung um elf Milliarden Euro sinken. Für kommendes Jahr plant Schäuble nur noch zusätzliche Kredite in Höhe von 17 Milliarden Euro ein. Damit versucht er ein großes Versprechen umzusetzen: Bloß das Geld ausgeben, das hereinkommt. Die Finanzminister der Bundesländer und die Kämmerer der Kommunen verhalten sich im Prinzip ähnlich. Das müssen sie auch: Denn die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zieht an. Bald ist öffentliche Verschuldung in Deutschland mehr oder weniger verboten.


So widerspricht das Finanzgebahren des Bundes oft geäußerten Vorurteilen. Die Regierung prasst nicht – im Gegenteil: Unter dem Strich gehen die Ausgaben zurück. In diesem Jahr betragen sie etwa 312 Milliarden Euro, 2013 sollen es 302 Milliarden sein. Und bis 2015 bleiben die Ausgaben laut Plan nahezu konstant. „Das alleine ist schon ein großer Erfolg“, sagt CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle. Da die Einnahmen aber wohl weiter wachsen, bedeutet dies: Die Schere schließt sich. Bald könnte Schäubles Budget nicht mehr im roten, sondern im schwarzen Bereich liegen. Wenn nichts dazwischen kommt.


Dass diese strukturelle Sparsamkeit möglich ist, hat Gründe. Der wichtigste: Die Wirtschaft läuft, die Zahl der Arbeitslosen hat in den vergangenen Jahren stark abgenommen. Das macht sich unter anderem im Haushalt von Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) bemerkbar, die nächstes Jahr rund sieben Milliarden Euro weniger braucht. Die europäische Krise wirkt sich gleichzeitig positiv aus, weil die Zinsen sinken, die Deutschland für die Verschuldung mittels Staatsanleihen zahlt. Das spart etwa 2,5 Milliarden Euro.


Dabei kann es sich die Koalition sogar leisten, die Ausgaben an einzelnen Stellen zu erhöhen. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) darf ein paar hundert Millionen mehr ausgeben, um das neue Betreuungsgeld zu finanzieren. Und das Bildungsministerium hat beispielsweise zusätzliche Mittel zur Verfügung, um Universitäten zu fördern und die Zahl der Studienplätze anzuheben.


Keine schlechte Bilanz. Trotzdem hat SPD-Haushälter Carsten Schneider Recht, wenn er sagt, dass die Regierung angesichts der wachsenden Steuereinnahmen die Neuverschuldung schneller hätte drücken können. Dann allerdings wären finanzielle Freundlichkeiten zugunsten bestimmter Zielgruppen nicht möglich, etwa die Förderung des historischen Raddampfers Kaiser Wilhelm im Elbe-Städtchen Lauenburg. Die unter anderem dafür vorgesehene Erhöhung im Etat von Kulturminister Bernd Neumann um rund 100 Millionen Euro bezeichnet Schneider als eine der „überflüssigsten Ausgaben“ im ganzen Bundeshaushalt.

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