Stabilität durch Neuwahlen

Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles

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Von Hannes Koch

03. Jun. 2019 –

Um Deutschland herum ist einiges durcheinander. Großbritannien verlässt die EU. Wer diese in den kommenden Jahren führt, ist ungeklärt. USA und China verstricken sich in einen gefährlichen Wirtschaftskonflikt. Da kann man das Plädoyer von Bundeskanzlerin Angela Merkel und zahlreichen Spitzenpolitikern der Union nachvollziehenden, Neuwahlen infolge des SPD-Desasters zu vermeiden. Die Bundesregierung müsse stabil bleiben, heißt es. Allerdings könnte es sein, dass gerade dieses Bestreben die gewünschte Stabilität zusätzlich untergräbt.

Aus der Sicht von CDU und CSU ist das Argument plausibel, als Regierungskoalition bis zu den regulären Bundestagswahlen im Herbst 2021 durchhalten zu wollen. Denn die Partei stellt die Kanzlerin. Und sie kann sich immer noch Hoffnungen auf bundesweite Ergebnisse in der Größenordnung von 30 Prozent der Stimmen machen.

Bei der SPD sieht es anders aus. Entgegen den Bemühungen von Ex-Parteichefin Andrea Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz hält die teils erfolgreiche Mitarbeit in der Koalition den Verfall in der Wählergunst nicht auf. Eher scheint sie ihn zu beschleunigen. Nach nur noch 16 Prozent bei der Europawahl stellt das die Existenz der Sozialdemokratie als relevante politische Kraft in Frage. Mehr noch: Das politische Zentrum der deutschen Politik, das Union und SPD gemeinsam bilden, droht zu zerfallen.

Wenn die Sozialdemokraten erst auf zehn Prozent geschrumpft sind, fehlt in der Mitte eine Partei, die nach links und rechts breit andock- und koalitionsfähig ist. Ob die Grünen diese Rolle übernehmen, ist fraglich. Deshalb wird es ohne eine halbwegs gesunde SPD viel schwieriger, stabile Regierungen zu bilden. So mag es sich nicht nur für die Partei, sondern auch das Land als günstiger erweisen, wenn die SPD die Regierung demnächst verlässt und sich in der Opposition zu erholen versucht. Das könnte auf die Dauer mehr Stabilität erzeugen als weiteres Groko-Gekrampfe.

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