Städte gegen Abschaffung der Gewerbesteuer

Bundesfinanzministerium düpiert Städte: Deren Modell für die Gemeindefinanzierung spielt bei Reformüberlegungen keine Rolle. FDP-Modell zur Abschaffung der Gewerbesteuer dagegen detailliert berechnet. Steuerausfälle in Milliardenhöhe

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Von Hannes Koch

05. Jul. 2010 –

In der Debatte über die Reform der Gewerbesteuer ignoriert das Bundesfinanzministerium bislang die Interessen der Kommunen. Deren Modell zur Neuordnung der Gemeindefinanzen sei bislang nicht berechnet worden, bestätigte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber dieser Zeitung. Zu den finanziellen Auswirkungen des so genannten FDP-Modells liegt dagegen bereits eine detaillierte Studie des Finanzministeriums vor. Ergebnis: Steuerausfälle in Milliardenhöhe.


Am kommenden Donnerstag findet die nächste Sitzung der von Finanzminister Wolfgang Schäuble berufenen Gemeindefinanzkomission statt. Die Vorstellungen von Teilen der Union und der FDP einerseits, sowie des Deutschen Städtetages und anderer Kommunalverbände andererseits sind kaum zu miteinander vereinbaren.


Heute finanzieren sich die Kommunen zum guten Teil durch die Gewerbesteuer, deren Höhe sie mitbestimmen können. Dieses Jahr belaufen sich die Einnahmen auf rund 30 Milliarden Euro, die vor allem die in den Städten ansässigen Unternehmen und Gewerbebetriebe zahlen. Die Erträge schwanken freilich von Jahr zu Jahr stark, so dass die Städte immer wieder vor Finanzierungsproblemen stehen. Außerdem erhalten die Gemeinden Anteile der Einkommens- und Mehrwertsteuer.


Das von der FDP bevorzugte Modell sieht vor, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Stattdessen dürften die Städte eigene, stärkere Zuschläge zur Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer für Firmen erheben. Zusätzlich würden die Kommunen einen größeren Anteil der Mehrwertsteuer erhalten.


Kapitalgesellschaften, Personenunternehmen und Einkommenssteuerzahler würden damit um rund fünf Milliarden Euro entlastet. Ein Grund dafür: Bestimmte Kosten, die die Unternehmen heute nicht von der Gewerbesteuer absetzen können, wären künftig abzugsfähig. Damit müssten die Firmen weniger Steuern entrichten.


Eine der heiklen Fragen ist nun, wie das Defizit von fünf bis sechs Milliarden Euro, das unter dem Strich für die öffentliche Hand entstünde, zu decken ist. Unter anderem die grüne Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann befürchtet, Schwarz-Gelb könnte auf die Idee kommen, die Mehrwertsteuer zu erhöhen.


Der Städtetag, sowie der Städte- und Gemeindebund wollen dagegen an der bisherigen Gewerbesteuer festhalten. Um ihre Einnahmen zu stärken und zu stabilisieren, fordern sie, Selbstständige wie Zahnärzte und Anwälte zur Gewerbesteuer heranzuziehen, während diese Berufsgruppen bislang von ihr verschont sind. Die Kommunalverbände plädieren außerdem dafür, den Unternehmen bestimmte Abschreibungsmöglichkeiten zu streichen, um auch an dieser Stelle die öffentlichen Erträge zu erhöhen.


„Das Modell der FDP ist kein vertretbarer Ersatz für die Gewerbesteuer“, sagte die Präsidentin des Städtetages, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, „mitten in der schwersten kommunalen Finanzkrise, in der viele Kommunen vor dem Kollaps stehen, verbieten sich Experimente mit ungewissem Ausgang.“ Der Städtetag bezweifelt, dass eine Verlagerung von der Gewerbe- zur Einkommenssteuer zu einer nennenswerten Stabilisierung der Gemeindefinanzen führen könnte.


Vor diesem Hintergrund stärkt die CSU den Kommunen den Rücken. „Einer Reform gegen den Willen der Kommunen wird Bayern nicht zustimmen“, heißt es im bayerischen Finanzministerium.


Ob sich die FDP mit ihrem Modell durchsetzen kann, steht auch aus anderem Grund in den Sternen. Mit dem bevorstehenden Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen verlieren Union und FDP ihre Mehrheit im Bundesrat, der zustimmen muss.

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