Steinbrück: Deutschland war keine Steueroase

Bundesfinanzminister wehrt sich gegen Vorwürfe aus Luxemburg

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Von Hannes Koch

11. Mai. 2009 –

Im Streit um den Umgang mit Steueroasen ist Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in die Defensive geraten. Am Montag ließ er zurückweisen, dass Deutschland selbst bis vor wenigen Jahren die Steuerhinterziehung begünstigt habe. Diesen Vorwurf hatte am Wochenende der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker erhoben. Das Dementi änderte freilich nichts an der Lage: Juncker hat Recht.


Steinbrück hat sich in den vergangenen Wochen vor allem bei Schweizer und luxemburgischen Politikern unbeliebt gemacht. In teilweise rüdem Ton forderte der Bundesfinanzminister, die Nachbarstaaten sollten deutsche Steuerbürger nicht mehr bei deren Steuerhinterziehung unterstützen. Steinbrück drängt auf internationale Vereinbarungen, die es deutschen Finanzämtern ermöglichten, mehr Informationen über im Ausland verborgene Konten und Gewinne zu erhalten. Durch Steuerflucht ins Ausland gehen den Finanzämtern jährlich Milliarden Euro verloren.


Luxemburgs Premier Juncker konterte am Wochenende: „Deutschland war bis Juli 2005 die größte Steueroase Europas“. Auch wenn es übertrieben erscheinen mag – sachlich liegt Juncker richtig. In seinen Steuer-Tabellen für 2003 und 2005 gibt das Bundesfinanzministerium selbst den Steuersatz für die Zinseinkünfte „nichtansässiger Ausländer“ mit null an. Michael Hendricks von der Bonner Steuerkanzlei Flick, Gocke, Schaumburg erklärt, was das bedeutete: Ein in Paris wohnender Franzose konnte ein Millionen-Konto in Deutschland einrichten und musste für die Zinsen hierzulande keine Abgaben entrichten. Dies war eine Einladung zur Steuerflucht, die Frankreich schädigte.


Das Dementi von Steinbrücks Sprecher Torsten Albig fiel entsprechend lahm aus. Die Vorwürfe des Luxemburgers erklärte er mit dem Wahlkampf im Nachbarland. Im übrigen sei die deutsche Steuerverwaltung immer kooperativ gewesen, wenn sie Anfragen von ausländischen Finanzämtern erhalten habe, betonte Albig.


Für die Gegenwart trifft Junckers Vorwurf allerdings nicht mehr zu. Seit Juli 2005 ist die europäische Zinsrichtlinie in Kraft. Deutschland liefert jetzt Informationen über die Zinseinkünfte von Ausländern an deren Heimatstaaten, damit sie dort versteuert werden können. Belgien, Österreich und Luxemburg nehmen für sich dagegen eine Ausnahmeregelung in Anspruch. Sie geben weiterhin wenig Informationen an deutsche Finanzämter, überweisen zum Ausgleich aber automatisch eine so genannte Quellensteuer.


Unter anderem Luxemburg steht auf der „grauen Liste“ der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Darauf sind Staaten verzeichnet, die die internationalen Regularien gegen Steuerflucht anerkennen, aber noch nicht völlig umsetzen.


Nach den Regierungen der Schweiz und Luxemburgs hat sich inzwischen auch Burkina Faso zu Wort gemeldet. Die Finanzbürgermeisterin der Hauptstadt Ouagadougou wies daraufhin, dass die Finanzverwaltung eines armen Landes nicht so effektiv sein könne wie in Europa. Davon abgesehen ist Burkina Faso aber auch nicht als Steueroase bekannt, die Deutschland Probleme bereiten würde. Das westafrikanische Land steht auf dem UN-Index für menschliche Entwicklung auf dem 176. und damit vorletzten Platz.

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