Stiefkinder
Kommentar
20. Jul. 2010 –
Die Interessen der Kleinanleger und Sparer zählen in der großen Politik wenig. Die Finanzlobby verhindert immer wieder erfolgreich bessere Gesetze zum Anlegerschutz. Und die Aufsichtsbehörden schauen in der Regel auch nicht so genau hin, was sich in den Bankfilialen tut. Die Finanzaufsicht sieht sich eher als Wächter über die Funktionsfähigkeit des großen Rades, an dem die Branche gerne dreht. Der Verbraucher wird stiefmütterlich behandelt. So erklären sich die Ergebnisse des jüngsten Tests der Bankberater, der wieder einmal verheerend ausfiel. Dass sich die Institute oft nicht einmal um geltende Gesetze scheren, zeigt wie unangreifbar sich die Banker fühlen. Es sind nicht die Beschäftigten in den Filialen, die daran Schuld tragen. Es ist ein System, dass sich überlebt hat und schleunigst geändert werden muss.
Eine Aufgabe kommt dabei dem Finanzministerium zu. Dort muss das Thema Anlegerschutz als Politikziel in den Köpfen verankert werden. Die Verbraucherministerin, die gerne mit Forderungen vorprescht, hat in der praktischen Umsetzung wenig zu sagen. Im Ergebnis werden gute Regelungen verwässert und damit nutzlos. Was hilft zum Beispiel die Pflicht zu einem Beratungsprotokoll, wenn Verstöße dagegen nicht sanktioniert werden? Ein weiteres Beispiel wird heute im Bundeskabinett verabschiedet. Zwar müssen die Banken künftig eine Art Beipackzettel für Finanzprodukte verfassen. Doch der Finanzminister will weder eine einheitliche Form noch eine jedermann leicht zugängliche Veröffentlichung des Produktblattes. Der Verbraucher soll wohl keine Vergleiche anstellen. Da hat die Lobby wieder einmal gut gearbeitet.
Dabei hat der Finanzminister durchaus ein Eigeninteresse in dieser Angelegenheit. Jährlich schießt der Staat Milliarden an Förderung für die Riester-Rente zu. Von vielen Verträgen profitieren vornehmlich die Anbieter, nicht aber die Sparer. Womöglich ließe sich dort eine Menge Geld sparen, oder zumindest besser anlegen, wenn es mehr Transparenz bei den Produkten gäbe. Am Dienstsitz in der Wilhelmstraße ist dies noch nicht angekommen. Noch ein zweites Argument hat Gewicht. Die Bürger sollen mehr Eigenvorsorge betreiben und müssen ihr Erspartes deshalb möglichst gut anlegen. Der Staat hat ein Interesse an einem möglichst effizienten Einsatz dieses Geldes, weil dies in späteren Zeiten die Zahlung von Transferleistungen vermindert. Das alles sind gute Gründe für den Ausbau des finanziellen Verbraucherschutzes.
Schließlich sind auch die Bankkunden selbst gefragt. Die Bankberater haben das ihnen einst entgegengebrachte Urvertrauen nicht verdient. Wer sein Geld gut und den eigenen Zielen gemäß anlegen will, muss sich informieren oder einen professionellen Berater aufsuchen. Die Kosten dafür kommen durch höhere Erträge oder geringere Verluste schnell wieder herein. Am Bewusstsein für die eigene Verantwortung mangelt es noch häufig.