Streitobjekt Erbschaftssteuer
Union und SPD uneins. Erben privater Immobilien profitieren in jedem Fall.
09. Okt. 2008 –
Um die Neuregelung der Erbschaftssteuer ging es gestern nur vordergründig, als sich die Spitzen der großen Koalition zusammensetzen. Die Reform der Steuer nutzen die Parteien vielmehr als eine willkommene Gelegenheit, ihre Position in den Augen der Öffentlichkeit zu verbessern. Obwohl das Bundeskabinett seit Januar einig ist, legt die CSU Wert darauf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zugunsten der Erben abzumildern.
Einfamilienhäuser:
Die Union möchte die Freibeträge stärker erhöhen, als der Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vorsieht. Dieser enthält die folgende Regelung: Vererbt der Mann seiner Ehefrau ein Einfamilienhaus im Verkehrswert von 600.000 Euro, betrachtet das Finanzamt etwa 90 Prozent davon als Bemessungsgrundlage. Von den 540.000 Euro wird der Freibetrag der Ehefrau von 500.000 Euro (heute: 307.000 Euro) abgezogen. Es bleiben 40.000 Euro als zu versteuernde Summe. Bei sieben Prozent Steuersatz beträgt die Erbschaftssteuer 2.800 Euro – angesichts eines Ausgangswertes von 600.000 Euro eine tragbare Größenordnung. „Normale, selbst genutzte Immobilien sind geschützt“ schlussfolgert Wolfgang Wawro, Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg. Der Union reicht das nicht, sie will höhere Werte steuerfrei stellen.
Einnahmen:
Die Spitzen von Union und SPD haben sich vor Monaten darauf verständigt, dass die heutigen Einnahmen der Erbschaftssteuer durch die Neuregelung nicht sinken sollen. An diesen Kompromiss fühlt sich die CSU nicht mehr gebunden. Noch-Parteichef Erwin Huber würde sich mit geringen Einnahmen zufriedengeben, obwohl das Geld nicht dem Bund, sondern den Bundesländern zugute kommt. Von der SPD ist zu hören, dass man die vereinbarte Summe von vier Milliarden Euro unbedingt einhalten will.
Firmen:
Erben eines Unternehmens sollen höchstens 15 Prozent des Firmenwertes versteuern, heißt es im Entwurf des Kabinetts. Auch diese 15 Prozent können aber wegfallen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens: Nach Willen der SPD müssen die Erben die Firma zehn Jahre halten, ohne sie zu verkaufen. Die CSU möchte hier eine deutlich kürzere Frist einführen - die SPD hält einen Kompromiss für möglich. Zweitens: Außerdem sollen die Erben für einige Jahre eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen garantieren. Gemessen wird dies an der Lohnsumme. Bei der SPD heißt es, über zehn Jahre müssten 70 oder 80 Prozent der ursprünglichen Lohnsumme erhalten bleiben. Die Union will durchsetzen, dass sieben Jahre lang durchschnittlich 75 Prozent erreicht werden. Einigen können sich die Kontrahenten wohl darauf, dass diese Kriterien nicht angewendet werden, wenn Betriebe durch wirtschaftliche Krisen gezwungen sind, Stellen zu streichen. Dann müssen Erben keine Steuer zahlen, auch wenn sie die Haltefrist und Lohnsumme unterschreiten. Können die Erben die Haltefrist aus anderen Gründen nicht einhalten, müssen sie nicht die komplette Steuer nachzahlen, sondern nur einen anteiligen Betrag.
Regionalisierung:
Der künftige CSU-Chef Seehofer macht sich dafür stark, dass die Bundesländer selbstständig über Fristen und Steuersätze entscheiden dürfen. Notfalls will er das Gesetz an diesem Punkt scheitern lassen. Die SPD lehnt die Regionalisierung ab und plädiert für eine bundeseinheitliche Regelung.