• Prof. Jürgen Zentek ist Veterinärmediziner an der Freien Universität Berlin

“Suchtmittel werden nicht eingesetzt”

Experte im Interview

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Von Wolfgang Mulke

31. Mär. 2010 –

Um Tiernahrung ranken sich immer wieder Legenden, weil niemand so recht weiß, was darin ist. Der Veterinärmediziner Prof. Jürgen Zentek von der Freien Universität Berlin ist Spezialist für die Ernährung der häuslichen Kleintiere. Neben der Uni ist Zentek auch im wissenschaftlichen Beirat des Verbands für das Deutsche Hundewesen und der Europäischen Gesellschaft für veterinärmedizinische Tierernährung tätig. Der 50-jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. 

 

 

Aus welchen Rohstoffen wird Tierfutter hergestellt?

 

Jürgen Zentek: Für die Herstellung dürfen nur Materialien verwendet werden, die auch für den Menschen als Nahrung geeignet wären. Beim Schwein verwerten Menschen beispielsweise nur noch die Hälfte für sich selbst. Die zweite Hälfte wollen die Menschen nicht mehr. Erhebliche Teile davon werden dann zu Heimtiernahrung verarbeitet. Kadaver landen nicht im Tierfutter. Das Fleisch wird durch Zerealien, Gemüse und Getreide ergänzt.

 

Immer wieder werden Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker im Tierfutter beklagt. Auch über Suchtmittel wird immer wieder spekuliert, damit die Vierbeiner einer Marke treu bleiben. Treffen die Vorwürfe zu?

 

Zentek: Zusatzstoffe dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie europaweit zugelassen worden sind. Diese Erlaubnis gibt es nur, wenn der Nachweis erbracht wurde, dass sie keinen Schaden anrichten. Manche Zusatzstoffe sind lebensnotwendig, zum Beispiel Vitamine und Spurenelemente. Andere dienen der Haltbarkeit wie Antioxidationsmittel, ohne die Fette ranzig werden würden. Zutaten, die Hund oder Katze süchtig machen, werden nicht eingesetzt. Diese Geschichte gehört ins Reich der Legenden.

 

Die Tiere kommen also von alleine auf den Geschmack...?

 

Zentek: Letztlich ist die Rezeptur des jeweiligen Produktes entscheidend. Sie ist nicht umsonst ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis. Letztlich müssen die Besitzer ausprobieren, was  ihrem

Tier schmeckt und gut tut.

 

Gibt es große Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Produkten?

 

Zentek: Die meisten Produkte enthalten ausreichend viele Nährstoffe. Rein rational betrachtet ist auch preiswertes Futter genauso aus der Sicht der Nährstoffversorgung meistens zweckmäßig zusammengesetzt. Wenn Hersteller preiswert produzieren, haben sie bei der Rezeptur weniger Möglichkeiten als die Produzenten teurer Nahrung. So schwanken zum Beispiel Rohmaterialien und Rezepturanteile bei preiswertem Futter häufiger.

 

Viele Hunde oder Katzen wirken zu dick. Wird beim Füttern des Guten zu viel getan?

 

Zentek: Übergewicht ist tatsächlich verbreitet. Zwischen 20 und 30 Prozent der Hunde sind schätzungsweise zu dick. Die Besitzer sind für den Ernährungszustand selber verantwortlich. Sie sollten sich über den Kalorienbedarf ihrer Tiere bewusst werden. Heimtiere haben oft zu wenig Bewegung und verbrennen daher wenig Energie. Die Folgen von Übergewicht sind denen beim Menschen vergleichbar. Es steigt beispielsweise die Gefahr von Herz-Kreislauf-Krankheiten.

 

Was hilft gegen das Übergewicht?

 

Zentek: Notfalls hilft eine Diät. Die Futtermenge muss reduziert werden. Am besten wird dies zusammen mit dem Tierarzt geplant. En halbes Jahr sollte für die Kur eingeplant werden. Es könnte Diätfutter eingesetzt werden oder Produkte, die viele Ballaststoffe enthalten. Auf der anderen Seite sollten sich die Tiere mehr bewegen. Das sind im Grunde dieselben Rezepte, die auch für übergewichtige Menschen gelten.

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