T-Shirts ohne Kinderarbeit

Soziale Kapitalisten (5): Versandhändler Otto engagiert sich für Umweltschutz und gegen Kinderarbeit

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Von Hannes Koch

20. Dez. 2008 –

Michael Otto ist ein zurückhaltender Mensch. Als Aufsichtsrat-Vorsitzender der Otto-Gruppe und Oberhaupt seiner Familie meidet er die Öffentlichkeit, so weit es geht. Diese Haltung des reichen Hamburger Unternehmers entspringt hanseatischer Tradition, aber auch der Vorsicht: 1997 forderte ein Erpresser 2,5 Millionen D-Mark und schickte als Drohung per Post eine Patrone, auf die der Name „Otto“ geschrieben war.

 

Manchmal allerdings gibt der Chef des weltweit größten Versandhauses und bedeutenden Internethändlers seine Zurückhaltung auf. Gerne informiert er die Öffentlichkeit über die Erfolge seiner 1993, zur Feier seines 50. Geburtstages gegründeten Michael-Otto-Stiftung, die sich vornehmlich dem Schutz von Meeren, Seen und Flüssen widmet.

 

Mitte der 1990er Jahre gelang Stifter Otto ein vielbeachteter Coup. Er vermittelte zwischen Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) und den Umweltverbänden. Zuvor hatte der Streit schon vier Jahre gedauert: Die Regierung wollte die Elbe zur Hochleistungswasserstraße ausbauen. Die Umweltschützer dagegen forderten, den Fluss für Schiffe quasi zu sperren. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Größere Strecken der Elbe wurden verschont und stattdessen der Elbeseiten- und Mittellandkanal ausgebaut.

 

„Otto war bereits ein Grüner, bevor es die Grünen überhaupt gab“, sagt sein früherer Pressesprecher Detlev von Livonius. Otto rühmt sich, in seinem Hamburger Garten das Ungeziefer mit einer „Brennnesselbrühe“ zu vertreiben, der er selbst ansetzt. „Scharfe Putzmittel“ haben Böden und Möbel seines Hauses noch nie gespürt, „grüne Seife“ reinigt ebenso gut. Als einer der ersten Unternehmer führte Otto auch in seiner Firma Elemente des Umweltschutzes ein. Die Versandkartons sind aus Recyclingpappe gefertigt, Tierpelze findet man nicht im Sortiment, das Holz der Gartenmöbel stammt aus zertifiziertem Anbau und nicht aus gefährdeten Tropenwäldern.

 

Dieses Engagement kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Otto Gruppe überwiegend ein normales kapitalistisches Unternehmen ist, das seinen Gewinn nicht nur in Harmonie mit seiner Umgebung verdient. Auch Otto wächst auf Kosten der Konkurrenz und versucht mitunter, gegen seine Beschäftigten und die Gewerkschaft schlechtere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.

 

Trotzdem versteht Michael Otto sich zu einer Logik des gebremsten Profits. Nicht alles ist er bereit, dem Gewinn unterzuordnen. So lud er 1996 die großen deutschen Einzelhandelsunternehmen wie C&A, Karstadt, Metro und Quelle ein, um ihnen vorzuschlagen, gemeinsame Mindeststandards für die Textilproduktion in den weltweiten Zulieferbetrieben festzulegen. Otto ging es unter anderem darum, Kinderarbeit in Asien, Afrika und Lateinamerika zu verhindern.

 

Die Initiative funktionierte und mündete in die Business Social Compliance Iniative (BSCI). In dieser in Brüssel ansässigen Organisation haben sich mittlerweile über 80 vor allem europäische Handelsunternehmen auf Regeln für ihre Importe geeinigt. Ausbeutung und Kinderarbeit in Entwicklungsländern werden dadurch zwar nicht verhindert, aber immerhin erschwert

 

Ob sein Unternehmen – betriebswirtschaftlich betrachtet – von dieser Geschäftspolitik heute profitiere, wisse er nicht, sagt Michael Otto. Aber er ist sich sicher: „Heute mag man die soziale und ökologische Qualität als Zusatznutzen verstehen. Morgen wird sich kein Produkt mehr ohne diesen Standard verkaufen lassen.“

 

 

Hannes Koch: Soziale Kapitalisten – Vorbilder für eine gerechte Wirtschaft. Rotbuch 2007. 192 S.. 19,80 €.

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