Taschenlampe im Firmendschungel

Justizminister Maas will Briefkastenfirmen zwingen, ihre Eigentümer offenzulegen. Grüne verlangen Gesetzesverschärfung für Banken

Teilen!

Von Hannes Koch

05. Apr. 2016 –

Wegen des Panama-Skandals will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schärfer gegen Firmen vorgehen, die Geldwäsche und Steuerhinterziehung betreiben. Am Dienstag kündigte er ein deutsches Transparenzregister an. Darin soll für jede hierzulande registrierte Firma verzeichnet sein, wem sie genau gehört. Zwischen Justiz- und Finanzministerium gibt es jedoch Differenzen, ob alle Bürger Einsicht in das Register erhalten.

 

Was ist in Panama passiert?

Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR haben nachgewiesen, dass unter anderem im mittelamerikanischen Staat Panama hunderttausende Briefkastenfirmen arbeiten. Diese können einerseits dazu dienen, illegal erworbenes Geld zu horten. Ein zweiter Zweck ist oft die Steuerhinterziehung. Weil die wahren Eigentümer in den öffentlich zugänglichen Unterlagen nicht auftauchen, sondern nur Strohmänner, sind die Guthaben und ihre Besitzer vor dem Zugriff der Behörden im Heimatland geschützt. Auch mindestens 14 deutsche Banken haben für ihre Kunden mehr als 1.200 Briefkastenfirmen gegründet, heißt es in den „Panama-Papers“.

 

Was will Justizminister Maas gegen Briefkastenfirmen tun?

Er setzt am deutschen Geldwäschegesetz an, das sowieso überarbeitet werden muss. In einem neuen Paragraph soll festgelegt werden, dass alle in Deutschland registrierten Firmen ihre „wirtschaftlich Berechtigten“ nennen müssen, also ihre wahren Eigentümer, die über das Kapital verfügen.

 

Welche Angaben müssen die Unternehmen heute machen?

Heute ist das nicht immer gegeben. GmbHs müssen im Handelsregister zwar ihre Geschäftsführer und Gesellschafter veröffentlichen. Bei Aktiengesellschaft hingegen ist oft nicht ersichtlich, wer die Aktionäre sind. Anteile können beispielsweise auch anonymisierte Firmen besitzen, deren Kapitaleigner sich hinter vorgeschobenen Pseudo-Geschäftsführern in Panama oder anderen Staaten verstecken. In dieses internationale Finanzdickicht will Maas nun hineinleuchten. Müssten alle Firmen ihre Eigentümer nennen, hätten Finanzämter und Polizei bessere Möglichkeiten. Maas sagte am Dienstag aber auch, dass „möglichst viele Menschen Einsicht in das Transparenzregister erhalten sollten“.

 

Sind die Firmen-Informationen künftig öffentlich?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist deutlich zurückhaltender als Maas. Das zeigte sich, als kürzlich die europäische Geldwäscherichtlinie überarbeitet wurde. Zwar stimmte das Finanzministerium zu, dass europaweit Informationen über die wirklichen Eigentümer von Firmen registriert werden. Allerdings sollen nur bestimmte Personen Zugriff auf diese Informationen bekommen - konkret: solche mit „berechtigtem Interesse“. Das sind beispielsweise Polizisten oder Steuerfahnder. Ob auch Journalisten oder kritische Organisationen wie das Netzwerk für Steuergerechtigkeit dazugehören, muss die große Koalition nun im Zuge der Reform des Geldwäschegesetzes entscheiden. Bleibt Finanzminister Wolfgang Schäuble bei seiner engen Linie, wird er in Konflikt mit Justizminister Maas geraten, der mehr öffentlichen Zugang schaffen will.

 

Hilft ein deutsches Firmenregister?

Wenn Firmen mit Sitz in Deutschland mehr Angaben machen müssen, bringt das erstmal wenig Licht in den Dschungel Panamas. Möglicherweise wirkt Deutschland aber als Signalgeber für weitere europäische Staaten, und die EU könnte eine Vorbild für außereuropäische Staaten werden.

Sowohl das deutsche als auch das europäische Firmenregister müsse deshalb komplett offen sein, argumentiert das Netzwerk für Steuergerechtigkeit. Wenn interessierte Bürger und Organisationen Zugang zu den Firmendaten hätten, entstehe Druck, der bis in tausende Kilometer entfernte Steueroasen wie Panama wirke, sagte Markus Meinzer vom Netzwerk. Die Niederlande und Großbritannien hätten sich bereits für den unlimitierten Zugang entschieden.

 

Können die Banken so weitermachen wie bisher?

Eine weitere Gesetzesverschärfung, die nun im Licht des Panama-Skandals diskutiert wird, betrifft die Geldinstitute. „Wie in den USA, sollten auch Banken in Europa bestraft werden, wenn sie Geschäfte mit intransparenten Firmen machen“, sagte der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold. „Banken müssen garantieren können, dass sie grundsätzlich nur Konten und Geschäftsbeziehungen unterhalten, bei denen sie die wirtschaftlich Begünstigten kennen und melden.“ Giegold verweist auf das entsprechende Gesetz in den USA, den „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA). So etwas wünscht sich der Grüne auch für die EU. Und SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel ergänzte: „In Zukunft müssen nicht nur einzelne Bank-Mitarbeiter haftbar gemacht werden können, sondern auch die gesamten Unternehmen.“

 

Welche Rolle spielen die deutschen Geldinstitute?

Zu den Geldinstituten, die in den Panama-Papers auftauchen, gehören die größten Banken. Demnach soll beispielsweise die Bayern LB um das Jahr 2005 herum 129 Briefkastenfirmen mit Hilfe der Kanzlei Mossack Fonseca gegründet oder verwaltet haben. Mossack Fonseca ist im Mitbesitz von Jürgen Mossack, der aus Deutschland stammt. Die Deutsche Bank soll mit 426 Firmen beteiligt gewesen sein, die in die Commerzbank übergegangene Dresdner Bank mit 333, und die Commerzbank selbst mit 101 Briefkastenfirmen. Die Banken haben in diesem Geschäftsmodell die Kontakte zwischen den Kapitalbesitzern und der Kanzlei in Panama City hergestellt. Sie erhielten Provisionen und schleusten das zu versteckende Geld durch. Am Ende landete es auf Konten von Firmen, die von Mossack Fonseca gegründet und betreut wurden. Verantwortlich für die jeweilige Briefkastenfirma war dann formell beispielsweise eine Person aus Panama. Gegenüber den Finanzämtern konnten die Kapitalbesitzer versichern, nicht über Auslandsguthaben zu verfügen.

« Zurück | Nachrichten »