Tourismus kann Zufriedenheit der Einheimischen erhöhen

Attraktivität einer Stadt oder Region für Reisende dient auch den Einwohnern, sagen Wissenschaftler

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Von Hannes Koch

18. Jun. 2014 –

Tourismus in Deutschland trägt dazu bei, dass die Lebenszufriedenheit der Bundesbürger steigt. Das ist das Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Untersuchung auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die Lebenszufriedenheit von etwa 70 Prozent der deutschen Bevölkerung nimmt zu, wenn viele Touristen zu ihnen kommen“, sagt Oksana Tokarchuk von der Freien Universität Bozen in Italien.

 

Die Wissenschaftler haben die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ins Verhältnis gesetzt zur Tourismus-Dichte. Die Langzeituntersuchung SOEP zeigt unter anderem, wie zufrieden die Deutschen mit ihrem Leben sind. Tourismus-Dichte bedeutet: Besucher pro Jahr im Verhältnis zur Einwohnerzahl einer Stadt oder Region.

 

Nach Berlin kamen zwischen 2006 und 2011 beispielsweise rund neun Millionen Reisende pro Jahr. 3,4 Millionen Menschen lebten in der Hauptstadt. Die Tourismus-Dichte betrug durchschnittlich 2,8, ähnlich wie in München. In Düsseldorf kamen durchschnittlich 1,1 Touristen auf einen Einwohner, in Stuttgart 1,2 und in Köln 1,6.

 

Beim Vergleich der Zahlen haben die Forscher mit ihrem ökonometrischen Berechnungsmodell einen Zusammenhang gefunden zwischen hoher Lebenszufriedenheit und viel Tourismus. Dies ist allerdings kein Beweis für eine kausale Verknüpfung zwischen beiden Größen, sondern nur Hinweis, dass es einen Einfluss gibt. Weitere Bedingungen wie soziale Sicherheit, Einkommen, Arbeitsplätze und Umweltqualität spielen eine größere Rolle für die Lebenszufriedenheit der Deutschen.

 

Dennoch sagt Wissenschaftlerin Tokarchuk: „Eine hohe Zahl von Touristen führt dazu, dass Städte und Regionen attraktiver werden.“ Die Verwaltungen würden Kulturreignisse organisieren, den öffentlichen Transport und die Stadtreinigung verbessern, sowie in Infrastruktur investieren. „Davon profitiert auch die einheimische Bevölkerung“, so Tokarchuk.

 

Dieser Befund steht im Gegensatz zur Wahrnehmung vieler Bürger etwa in Berlin oder München. In der bayerischen Landeshauptstadt hat die Bevölkerung 2013 in einem Volksentscheid mehrheitlich gegen die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2022 gestimmt. Olympia ist einer der großen Tourismusmagneten. Und Berlin hat unlängst ein Gesetz beschlossen, das die Vermietung von Wohnungen an Reisende erheblich erschwert. Viele Einwohner der Berliner Innenstadtbezirke führen die steigenden Mieten für normale Wohnungen auch auf die hohe Nachfrage durch Touristen zurück.

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