Umstrittene Rettung für den Grünen Punkt

Einzelhändler befürchten höhere Müllgebühren. Bundesregierung will Missbrauch bekämpfen

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Von Hannes Koch

02. Mär. 2014 –

Weil den Müllsammlern vom Grünen Punkt dieses Jahr bis zu 150 Millionen Euro verloren zu gehen drohen, lässt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Verpackungsverordnung überarbeiten. Die Bundesregierung will damit ebenso wie die rot-grüne NRW-Landesregierung dem „Missbrauch“ des Entsorgungsystems unter anderem durch Einzelhändler begegnen. Firmen wie die Drogerie-Kette Rossmann lehnen die geplante Neuregelung ab, weil sie hohe Mehrkosten befürchten.

 

Der Text aus Hendricks´ Ministerium liegt dieser Zeitung vor. Darin heißt es: „Schlupflöcher drohen das Erfassungssystem insgesamt zu destabilisieren“. Der Entwurf der Verordnungsnovelle entspricht weitgehend einem Antrag, den NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) in den Bundesrat eingebracht hat.

 

Konkret geht es darum: Wer beispielsweise bei Rossmann und dm Kosmetika einkauft, oder bei McDonalds und Burger King isst, kann die Verpackungskartons und Plastikfolien im Laden lassen. Diese sogenannte Eigenrücknahme der Händler ergänzt die Grüne-Punkt-Sammlung, die Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Pappe mittels der gelben Säcke bei den Privathaushalten abholt. Bauen die Händler einzeln oder gemeinsam funktionierende System der Eigenrücknahme auf, brauchen sie die Gebühren für den Grünen Punkt nicht zu zahlen, die sie sonst normalerweise entrichten müssen.

 

Doch die Firmen des Dualen Systems, die den Grünen Punkt tragen, haben in letzter Zeit erhebliche Schwierigkeiten. Denn stark zunehmende Verpackungsmengen würden mittlerweile als Eigenrücknahme angemeldet, sagt Norbert Völl vom Dualen System Deutschland in Köln, der größten Grüne-Punkt-Firma. Dieses Jahr seien es knapp 236.000 Tonnen, etwa ein Zehntel aller eingesammelten Verpackungen. Auch das Umweltministerium glaubt, dass manche Händler diese Mengen künstlich hochrechnen, um Gebühren zu sparen.

 

Der Informationsdienst Euwid beziffert die Summe, die den Dualen Systemen fehlt, auf „130 bis150 Millionen Euro“ in 2014. Insgesamt beträgt der Jahresumsatz der zehn Firmen des Dualen Systems knapp eine Milliarde Euro. Mit seinem Novellen-Entwurf zieht das Umweltministerium nun die Konsequenz: „Die bisherige Regelung wird eingeschränkt.“

 

Unter anderem die Drogerie-Kette Rossmann befürchtet deshalb erhebliche Zusatzkosten. Das Unternehmen müsse dann die Verpackungsmaterialien weiter selbst entsorgen, aber trotzdem für das Duale System in voller Höhe Zahlen zahlen, so Rossmann-Sprecher Stephan-Thomas Klose. Nicht betroffen sind nach Einschätzung von Euwid dagegen Fastfood-Ketten. Diese könnten nachweisen, dass die Mengen bei ihrer Eigenrücknahme realistisch seien.

 

Beim Verband des Einzelhandels (HDE) haben sich die Befürworter und Gegner von Hendricks´ Novelle bislang nicht auf eine gemeinsame Position geeinigt. So spricht sich der Verband nur allgemein dafür aus, das Duale System insgesamt zu sichern und „Schwachstellen zu reparieren“. Um Druck für eine schnelle Neuregelung zu machen, hat das Duale System Deutschland die Verträge zur Berechnung der Verpackungsmengen mit den anderen Grüne-Punkt-Firmen gekündigt.

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