Umweltminister gegen längere Atomlaufzeiten

Neun Bundesländer drohen Klage vor dem Verfassungsgericht an. Regierungsgeförderte Agentur plädiert dafür, den bisherigen Termin des Atomausstiegs beizubehalten

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Von Hannes Koch

27. Aug. 2010 –

Gegen eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken kündigen die Umweltminister von neun Bundesländern eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an. Sollten die AKW länger Strom liefern, werde das zu Nachteilen für Bürger und Unternehmen führen, sagte Margit Conrad, SPD-Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, am Freitag in Berlin. Sie wurde unterstützt von ihren Ressort-Kolleginnen und Kollegen aus Berlin, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland.


Zur Allianz der Länder gegen die Bundesregierung gehören zudem Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Das Länder-Bündnis repräsentiert damit nicht nur Regierungen, der SPD, Grüne oder Linke angehören. Mit dabei sind auch Koalitionen unter Beteiligung der CDU (Hamburg, Mecklenburg, Saarland, Thüringen). Hintergrund der Initiative ist die Absicht der Bundesregierung aus Union und FDP, die Laufzeit der 17 deutschen Atomkraftwerke grundsätzlich über das Jahr 2022, den bisher anvisierten Termin der Abschaltung, hinaus zu verlängern.


Die Umweltministerien sehen ihre Rechte verletzt, falls die Bundesregierung die Laufzeiten ohne Beteiligung der Länder im Bundesrat ausdehnt. Eine eventuelle Klage vor dem Verfassungsgericht könne die Mitwirkung des Bundesrates durchsetzen, sagte Conrad.


„Atomkraft stellt keine Brücke in die Zukunft dar, sondern ist eine Barriere“, erklärte zudem Berlins Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke). Längere Laufzeiten der Kernkraftwerke würden den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die technische Innovation der gesamten Energieversorgung behindern, so Lompscher.


In diese Richtung argumentiert auch die Agentur für Erneuerbare Energien, die vom Bundesumweltministerium unterstützt wird. Während Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) eine moderate Verlängerung der Laufzeiten befürwortet, plädiert die Agentur dafür, den bisherigen Ausstiegstermin beizubehalten. Der Atomstrom in den Netzen stelle sonst ein Hindernis für die Elektrizität aus Erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne dar.


Um den Strompreis in Deutschland niedrig zu halten und eine ausreichende Menge an Elektrizität zur Verfügung zu stellen, seien längere Laufzeiten von Atomkraftwerken nicht nötig, hieß es unbestätigten Meldungen zufolge am Freitag aus Kreisen von Energie-Gutachtern. Mehrere Institute übergaben am Nachmittag ihre Untersuchungen an Umweltminister Röttgen und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Darin werden Szenarien für die Energiezukunft Deutschlands untersucht, um den Anteil der verschiedenen Energieträger für die kommenden Jahrzehnte zu definieren und die Rolle der Atomenergie zu beschreiben. Regierungssprecher wollten sich zu den Gutachten noch nicht äußern.

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