Ungerecht, bürokratisch und ziellos
Kommentar
27. Nov. 2008 –
An einem guten Kompromiss mäkeln alle Beteiligten ein wenig herum, sind aber unter dem Strich mit dem Erreichten ganz zufrieden. Die neue Erbschaftsteuer fällt nicht in diese Kategorie. Sie ist ungerecht, bürokratisch und in der Zielsetzung kaum mehr nachvollziehbar. Nicht einmal in den eigenen Reihen konnte die große Koalition Jubel über die späte Verständigung auf die Reform auslösen. Lobenswert ist lediglich, dass überhaupt eine Entscheidung gefallen ist, die wohl auch im Bundesrat eine Mehrheit findet und die Erhebung der Steuer im kommenden Jahr sicherstellt.
Die Reform ist aus zwei Gründen ungerecht. Gewaltige Liegenschaften können steuerfrei im engeren Verwandtenkreis weitergegeben werden. Das lässt sich durchaus als Geschenk für die Millionäre am Starnberger See verstehen, das die CSU hier durchgesetzt hat. Einer Belastung nach Leistungsfähigkeit widerspricht dies. Ungerecht ist die Erbschaftsteuer aber auch grundsätzlich. Immerhin ist jeder Nachlass aus bereits versteuertem Einkommen entstanden. Der Fiskus langt also gleich zwei Mal zu. Überdies behandelt er die Erben je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich. Das ist keine saubere Lösung. Wenn der Staat schon hohe Vermögen an der Finanzierung seiner Aufgaben beteiligen will, sollte dies über eine ganz normale Steuer geschehen, die Einkommensteuer oder eine Vermögensteuer.
Das neue Recht ist zudem bürokratisch. Betriebserben wird eine Scheinalternative angeboten, bei der die Steuer nach einer zehnjährigen Frist ganz erlassen werden kann oder bei einer siebenjährigen Arbeitsplatzverpflichtung nur ein kleiner Teil der Erbschaftsteuer fällig wird. Praktisch wird sich kaum ein Unternehmer auf die an strenge Auflagen gebundene Steuerbefreiung einlassen können. An der Zielsetzung schließlich sind nur zwei Wünsche erkennbar: Erbschaften sollen weiter besteuert werden und die Abgabe soll genug einbringen. Der gesellschaftliche Nutzen darüber hinaus ist nicht erkennbar.