Ungerechtigkeit
Schwarzgelber Ausstieg aus der paritätischen Krankenversicherung? Contra von Hannes Koch
26. Okt. 2009 –
Unternehmen haben ein starkes Interesse an leistungsfähigen Beschäftigten. Schon aus diesem Grund ist Gesundheit mehr als ein individuelles Anliegen. Deshalb erscheint es richtig, dass die Arbeitgeber die Hälfte der Krankenversicherungsbeiträge finanzieren. Wenn die schwarz-gelbe Koalition nun plant, die paritätische Versicherung teilweise abzuschaffen, stellt das die Gerechtigkeit des Sozialsystems insgesamt in Frage.
Diese ist bislang dadurch gekennzeichnet, dass die Allgemeinheit einen Teil der Kosten mit Steuern finanziert, und Arbeitgeber und Arbeitnehmer die verbleibende Summe zu jeweils gleichen Teilen tragen. Das hat jahrzehntelang gut funktioniert, bis in den 1980er Jahren die Standortdebatte losbrach. Wenn die Unternehmen auf den Weltmärkten konkurrenzfähig bleiben wollten, so heißt es seitdem, könnten sie sich die hohen deutschen Sozialbeiträge nicht mehr leisten. Das mag durchaus so sein, ist aber kein Argument gegen die Parität, also die fifty-fifty-Aufteilung etwa der Krankenkassenbeiträge. Denn was spricht dagegen, sowohl die Arbeitgeber-, als auch die Arbeitnehmerbeiträge stabil zu halten, oder, besser noch, beide Posten gleichmäßig zu senken?
Mit dieser Politik hat die rot-grüne Bundesregierung seit 1999 sehr gute Erfahrungen gemacht. Dank der neuen Ökosteuer nahm man die Milliarden ein, die es erlaubten, die Rentenbeiträge für Firmen und Beschäftigte gleichmäßig zu reduzieren. Diesen Weg könnte auch die schwarz-gelbe Regierung beschreiten – wenn sie denn wollte. Die deutschen Steuern auf Kapitalvermögen liegen im internationalen Vergleich beispielsweise niedrig, so dass hier durchaus Spielraum für höhere Abgaben und Zuschüsse ins Sozialsystem bestünde. Eine Notwendigkeit, die Beschäftigten überproportional mit Sozialbeiträgen zu belasten, besteht also auch in den Zeiten der Globalisierung keinesfalls.