Unsichtbare Krankmacher

Kommentar

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

23. Apr. 2013 –

Früher waren es unsichere Maschinen, schlecht gelagerte Chemikalien oder instabile Gerüste, die Arbeitnehmern Verletzungen bis hin zum Tode einbrachten. Heute spielen die körperlichen Gefahren für die Gesundheit von Beschäftigten immer seltener eine Rolle. Ausformulierte Arbeitsschutzgesetze und entsprechende Kontrollen der Sicherheitsstandards haben die meisten Tätigkeiten weitgehend sicher werden lassen. Anders sieht es bei den nicht sichtbaren Gefahren aus. Druck oder enge Zeitpläne, permanente Verfügbarkeit oder die Verantwortung für Erfolge, die gar nicht in der Macht des Einzelnen stehen: Das sind die Krankmacher des beginnenden 21. Jahrhunderts. Deshalb ist die Forderung der IG Metall nach einer Ausweitung der Arbeitsschutzgesetzes auf psychische Belastungen mehrheitsfähig.


Die Ablehnung des Vorschlags durch die Arbeitgeber ist auch teilweise nachvollziehbar. Stress ist schwer messbar und die Belastbarkeit der Menschen sehr unterschiedlich. Was manchen Arbeitnehmern den letzten Nerv raubt, ist für andere nicht der Erwähnung wert. Auch liegen die Ursachen für psychische Erkrankungen in vielen Fällen außerhalb des Betriebs. Eine wissenschaftlich haltbare klare Grenze zwischen Privatleben und Arbeitsleben lässt sich in diesem Zusammenhang häufig nicht ziehen. Diese Argumente ziehen allerdings nur bedingt. Nichts spricht gegen eine Vorgabe für die Unternehmen, ihre Arbeitsbedingungen auf die Stressbelastung hin zu überprüfen. Viele Verbesserungen lassen sich mit einem überschaubaren Einsatz erzielen. Zumindest auf lange Sicht profitieren die Betriebe auch davon, weil Krankenstände sinken und sie mit guten Jobs leichter Fachleute finden. Von allein, so lehrt es die Vergangenheit, ändert sich nichts. Deshalb ist der Gesetzgeber hier gefragt.


« Zurück | Nachrichten »