US-Ökonom lobt die Energiewende

Deutschland sei ein Vorbild für die globale Energiepolitik, sagt UN-Wissenschaftler Jeffrey Sachs. Zweifel am amerikanischen Gas-Boom

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Von Hannes Koch

05. Mär. 2014 –

Der Energiewende ging es schon mal besser. In Deutschland ist sie zunehmend schlecht beleumundet, weil sie den Strompreis steigen lässt. Die EU-Kommission zieht gegen ungerechtfertigte Subventionen zu Felde. Und Unternehmen preisen den sagenhaft niedrigen Gaspreis in den USA – Ergebnis des dortigen Gas-Booms aufgrund der Fracking-Technologie.

 

Scheitert das Projekt der umweltfreundlichen Energieversorgung also, weil es gegenüber dem fossilen System nicht konkurrenzfähig ist? Dieses ganze „Bündel von Lügen“ solle man bloß nicht glauben, warnte jedoch US-Ökonom Jeffrey Sachs, der das Netzwerk der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung (SDSN) leitet. Als er auf Einladung des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) am Mittwoch in Berlin weilte, sagte Sachs: „Deutschland geht in die richtige Richtung, die anderen Länder sollten ihm folgen. Jeder Staat braucht eine Energiewende.“

 

Wer ist dieser Mann? Er arbeitet als Professor an der Columbia-Universität in New York. Zu Beginn der 1990er Jahre war er einer der Berater, die unter anderem Jugoslawien und Russland die schockartige Liberalisierung empfahlen – mit teils fatalen Folgen. Daraus scheint er gelernt zu haben. Mitte der 2000er Jahre entwarf er im Auftrag der Vereinten Nationen (UN) einen Plan für die schnelle Verringerung der globalen Armut. Nun wirkt Sachs daran mit, dass die UN globale Ziele für eine nachhaltige Entwicklung formulieren.

 

In Berlin plädierte er vehement dafür, den Klimawandel ernstzunehmen. Deshalb müsse der globale Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids bis zur Mitte dieses Jahrhunderts um mindestens die Hälfte sinken. Fracking und stärkerer Gaskonsum seien jedoch „nicht ausreichend“, um die „Dekarbonisierung“ der Weltökonomie zu erreichen, so der Ökonom.

 

Obwohl durch die Fracking-Technologie - Einpressen von Wasser und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten – die in den USA geförderte Gasmenge in den vergangenen Jahren stark gestiegen und der Preis des Rohstoffs gesunken ist, äußerte Sachs Zweifel an den optimistischen Prognosen: „Die USA sind das Land der Übertreibung.“ Möglicherweise würden die Lagerstätten für Schieferöl- und Schiefergas viel schneller leergepumpt als geplant. So prognostizierte Sachs einen baldigen Wiederanstieg des Gaspreises, der den vorübergehenden Vorteil im Vergleich zu den erneuerbaren Energien zunichtemachen werde.

 

Deutschland solle deshalb an seiner Strategie festhalten, die Stromversorgung bis zur Mitte des Jahrhunderts nahezu vollständig auf erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne umzustellen. Wobei Sachs das deutsche Modell als „Vorbild“, nicht aber als „Blaupause“ bezeichnete. Auch „andere nationale Wege“ zu einer kohlenstoffreduzierten Energiewirtschaft seien möglich. Atomkraft und die CCS-Technologie zum Deponieren von Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken seien Optionen, die man mit erneuerbaren Ressourcen kombinieren könne.

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