Verbotene Geschenke in Apotheken

Dürfen Apotheker den Kauf von Medikamenten mit Kuschelsocken belohnen? Nein, sagt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen

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Von Hannes Koch

09. Jul. 2014 –

Wer in der Apotheke um die Ecke Kopfschmerztabletten oder Cholesterinsenker kauft, wird regelmäßig mit kleinen Geschenken verwöhnt. Meist ist es nur eine Packung Papiertaschentücher oder ein Tütchen Hustenbonbons. Manche Apotheken verschenken aber auch Sonnenbrillen, Walking-Stöcke oder Socken. Dürfen die das? In einer neuen Entscheidung zieht das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die Grenzen enger.

 

Der Spielraum, den Apotheken bei Zugaben, Rabatten und Werbung haben, ist bundesweit umkämpft. Der aktuelle Fall: Der Verbund der Bären-Apotheken in Nordrhein-Westfalen hatte sich etwas Besonderes einfallen lassen. „Im November 2013 warben sie damit, die Einlösung eines Rezeptes mit einem Gutschein über eine Rolle Geschenkpapier zu belohnen“, sagt Michael Schmitz, der Geschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Zu Anfang des Jahres wurden außerdem „Kuschelsocken" versprochen. Von den Bären-Apotheken, die Partnerfirmen unter anderem in Dortmund, Oer-Erkenschwick und Selm haben, war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.

 

Nachdem die Apothekerkammer die Werbemaßnahme untersagt hatte, klagten die Geschäfte vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Dieses lehnte die Eilanträge der Apotheken jedoch ab. Begründung: Solche „Zugaben verstoßen gegen die Preisbindung des Arzneimittelgesetzes und das im August 2013 geänderte Heilmittelwerbegesetz“. Beim Kauf von preisgebundenen und verschreibungspflichtigen Medikamenten seien solche Geschenke nicht gestattet. Für freiverkäufliche Arzeneien sind Rabatte und andere Vergünstigungen dagegen kein Problem.

 

Der Streit wogt bundesweit hin und her. Auch die jüngste Novellierung des Gesetzes hat den Konflikt nicht ausgeräumt. Dort heißt es, dass „Zuwendungen und sonstige Werbegaben unzulässig sind“. Es sei denn, „es handelt sich um Gegenstände von geringem Wert.“ Eine Frage, die immer wieder die Gerichte beschäftigt, lautet deshalb: Was ist ein geringer Wert? Der Bundesgerichtshof hat sie vor Jahren ungefähr so beantwortet: Bei einem Euro sehe man kein Problem, Geschenke über fünf Euro seien unrechtmäßig. Papiertaschentücher sind demnach erlaubt, ein Paar Socken vielleicht nicht mehr. Die Spanne zwischen den Beträgen ist häufig Anlass für Prozesse.

 

Zugrunde liegt ein grundsätzlicher Konflikt zwischen der Bundespolitik, den Apothekerkammern, sowie großen Berufsverbänden auf der einen Seite und manchen Apotheken-Unternehmern auf der anderen. Letztere reklamieren das Recht, kaufmännisch zu handeln. Sie protestieren gegen Festpreise, das Verbot größerer Zusammenschlüsse von mehreren Apotheken und die Einschränkungen für Werbung.

 

Kammer-Geschäftsführer Schmitz argumentiert dagegen wie viele andere Interessenvertreter der Branche: „Ein Preiswettbewerb zwischen Apotheken ist im rezeptpflichtigen Bereich unzulässig. Er gefährdet die gute Beratung der Patienten und die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzeneimitteln.“ Auch kleine Werbegeschenke erscheinen in dieser Perspektive als Problem. Die Interessenvertreter befürchten, dass die Patienten dann zu den Apotheken strömten, die sich viel Werbung und Rabatte leisten könnten. Diejenigen hingegen, die vor allem auf fachkundige Beratung setzen, gerieten deshalb unter Druck. Eine weitere mögliche Folge: Apotheken, die einem schärferen Wettbewerb nicht standhalten, müssten schließen. Dadurch könne es zu Versorgungsengpässen kommen.

 

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Aktenzeichen 7 L 683/14 u.a.

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