Verbraucherschützer wollen Zinsmargen begrenzen

Der Kredit zum Girokonto kostet zu viel

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Von Wolfgang Mulke

14. Sep. 2010 –

Banken und Sparkassen ziehen ihren Kunden bei Dispokrediten oft übermäßig viele Zinsen aus der Tasche. Im Durchschnitt verlangen die Institute 12,5 Prozent Zins, wenn das Girokonto ins Minus rutscht. Das ergab eine Untersuchung der Stiftung Warentest, die die Konditionen von 1000 Unternehmen unter die Lupe genommen hat. „Wir haben Zinssätze von sechs bis knapp 17 Prozent ermittelt“, sagte der Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest, Hermann-Josef Tenhagen. Insbesondere kleinere Institute sind dabei durch besonders hohe Forderungen aufgefallen, darunter auch viele Sparkassen. Das liegt Tenhagen zufolge an der oft konkurrenzlosen Marktposition der Unternehmen in kleineren Städten.

 

Noch viel teurer sind geduldete Überziehungskredite. Zinsen von mehr als 16 Prozent sind die Regel, annähernd 20 Prozent werden auch häufig verlangt. Die VR Bank Rosenheim-Chiemsee ist mit einem Zinssatz von 20,5 Prozent in dieser Kategorie aus Kundensicht trauriger Spitzenreiter.

 

Dabei geht es auch anders. Vor allem Direktbanken glänzen mit vergleichsweise günstigen Bedingungen. Am besten schnitt hierbei die Deutsche Skatbank ab, die nur sechs Prozent für den Dispokredit verlangt. Die DAB Bank mit knapp sieben Prozent sowie die DKB mit 7,9 Prozent schnitt hier besonders gut ab. Am teuersten zeigten sich die Santander Consumer Bank, die für Darlehen über 1.000 Euro 16,98 Prozent Zins haben will und die Targobank mit fast 17 Prozent. Letztere ist von der Verbraucherzentrale NRW deshalb bereits verklagt worden.

 

Wie kostspielig die Überziehung in Euro und Cent wird, wissen die meisten Kunden gar nicht. „Sie fragen nicht nach dem Preis“, bedauert Tenhagen und rechnet vor, dass eine Kreditsumme von 2.500 Euro im Jahr locker 350 Euro Zinsen verschlingt. Für die Banken ist es ein gewaltiges Geschäft. Gemessen an der gesamten vergebenen Kreditsumme von fast 42 Milliarden Euro schlägt jeder Prozentpunkt mehr Zinsmarge mit 416 Millionen Euro Gewinn zu Buche.

 

Warentest-Expertin Stephanie Pallasch ärgert besonders, dass die Differenz zwischen den maßgeblichen Zinsen der Zentralbank oder dem der Banken untereinander und den später vom Kunden verlangten Kosten immer größer wird. Der Zinssatz, zu dem sich die Institute von der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld leihen können, ist seit 2008 von 4,25 Prozent auf nunmehr ein Prozent gesunken. Bei den Spareinlagen haben die Finanzunternehmen die Zinssenkung schnell an die Verbraucher weitergereicht. Bei den Kreditzinsen ist das nicht der Fall. So stiegen die Gewinnmargen in den letzten beiden Jahren kräftig an.

 

Immer lauter wird der Ruf nach einer Deckelung der Zinsaufschläge. „Der Überziehungszinssatz muss auf eine verträgliche Größe begrenzt werden“, fordert der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Gerd Billen. Und auch Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt von den Banken Mäßigung. Gesetzliche Vorgaben will die Ministerin derzeit aber nicht machen.

 

Eine EU-Richtlinie sollte schon für mehr Transparenz und weniger Willkür bei den Dispozinsen sorgen. Danach müssen sich die Institute in ihrer Preisgestaltung an einem Referenzzinssatz messen, das heißt, ihre Zinsen sollen sich im Gleichklang mit dem Interbankenzins oder dem EZB-Zins entwickeln. Über angemessene Gewinnmargen sagt dies jedoch nichts aus. Experten meinen, dass ein Aufschlag von sechs bis sieben Prozent angemessen wäre. Derzeit liegt die Differenz oft bei mehr als zehn Prozent.

 

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