Verbraucherzentralen empört über Autoindustrie
Autohersteller sollen Diesel-Update selbst bezahlen. Vzbv verlangt Staatsfonds für die private Altersvorsorge. Verbraucher vertrauen Politikern nur wenig.
06. Jul. 2017 –
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) verlangt von der Autoindustrie die Übernahme aller Kosten für die angekündigte Nachrüstung von Millionen Euro-5-Dieselfahrzeugen. „Die uns die Suppe eingebrockt haben, waren die Autohersteller“, empört sich vzbv-Chef Klaus Müller. Die Autofahrer dafür zur Kasse zu bitten, wäre „weder angemessen, noch fair, noch kommunizierbar“. Auch der Steuerzahlen dürfe für die Versäumnisse der Industrie nicht zahlen. Die Politik müsse hart bleiben, fordert Müller.
Hintergrund ist das Angebot der großen Autohersteller, die Hälfte der rund sechs Millionen Diesel der Euro-5-Norm mit einem Softwareupdate sauberer zu machen. Bislang will die Industrie aber nur die Kosten für die Software übernehmen. Wer für den geschätzt 200 Euro teuren Werkstattbesuch aufkommt, ist ungewiss. Der Branchenverband will dies Anfang August bei einem Treffen mit den zuständigen Bundesministern klären.
Der Dieselskandal ist nur eines von vielen Themen, die Verbraucher derzeit umtreiben. 90 Prozent der Bürger halten Verbraucherschutz einer repräsentativen Umfrage des Verbands zufolge für einen entscheidenden Beitrag zur persönlichen Sicherheit. Doch das Vertrauen in die Unterstützung der Politik ist gering. Nur jeder vierte verlässt sich auf den Gesetzgeber. Zwar erteilen die Befragten dem Verbraucherschutz in Deutschland insgesamt gute Noten. Doch in einigen Bereichen zeigt der erstmals erhobene Faktenreport zur Lage der Verbraucher Nachholbedarf. Das betrifft vor allem die Praxis im Geschäft rund um Telefonie und Internet sowie der Finanzbranche. Insgesamt zählten die Verbraucherzentralen der Bundesländer im vergangenen Jahr 265.000 Beschwerden von Kunden. Diese Zahl ist laut Müller seit Jahren stabil.
Ein zentraler Wunsch der Verbraucher ist eine ausreichende Altersvorsorge. Das gaben neun von zehn Befragten an. „Auf der Basis schlechter Produkte funktioniert Altersvorsorge nicht“, sagt vzbv-Finanzexpertin Dorothea Mohn. Verbraucherschützer haben die Riester-Verträge immer wieder als zu teuer kritisiert und setzen diesem Konzept nun ein anderes Modell nach schwedischem Vorbild entgegen. „Wir fordern ein einfaches Non-Profit Basisprodukt“, erläutert Mohn. Ein Staatsfonds soll das Geld der Anleger verwalten. Die Kosten für den Vertrieb, das Marketing und Provisionen fallen dort nicht an, was laut Mohn zu einer deutlich höheren Rendite führt als die Verträge mit privaten Banken und Versicherungen.
Das Modell, dem sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich aufgeschlossen gegenüber zeigte, sieht die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Risikoklassen vor. Garantien für den Kapitalerhalt sind nicht vorgesehen, weil sie zu teuer sind. Die Kosten betragen beim Vorbild Schweden 0,11 Prozent des Vermögens beim Aktienfonds und nur 0,04 Prozent beim Rentenfonds des Staates. „Im Vergleich zum Durchschnitt der privaten Fonds hat der Staatsfonds in den 17 Jahren seit seiner Entstehung eine um 93 Prozent bessere Rendite“, rechnet Mohn vor.
Das Geld könnte von einer Einrichtung angelegt werden, die über ausreichend Fachwissen verfügt. Das könnte zum Beispiel die bundeseigene Bank KfW sein, aber auch die Deutsche Rentenversicherung war dafür immer wieder einmal im Gespräch.
Unzufrieden ist der vzbv auch mit der Verteilung der Verbraucherschutzaufgaben innerhalb der Bundesregierung. Denn Müller zufolge ist die Aufteilung zwischen dem Landwirtschaftsministerium und dem Justizministerium nicht erfolgreich vollzogen worden. Er fordert, dass auch der gesundheitliche Verbraucherschutz dem Justizminister übertragen wird.