Verkehrminister fordert sicherere Züge

Bundespolizei ermittelt nach Klimaanlagenausfall bei der Bahn / Unternehmen will Fahrgäste entschädigen

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Von Wolfgang Mulke

12. Jul. 2010 –

Die Hitzeschlacht in Zügen der Deutschen Bahn am Wochenende hat ein Nachspiel. Das Bundesverkehrsministerium verlangt vom Konzern, die technischen Mängel bei der nächsten ICE-Generation zu beseitigen. Dazu gebe es Gespräche mit dem Eisenbahn-Bundesamt, der Bahn und den Herstellern, sagte eine Sprecherin des Ministers, „der Aufsichtsrat wird sich auf seiner nächsten Sitzung damit beschäftigen. Am Wochenende gab es in einigen Zügen chaotische Zustände, weil die Klimaanlagen ausfielen. Am schlimmsten verlief eine ICE Fahrt zwischen Hannover und Bielefeld. In dem prall gefüllten Zug wurde es extrem heiß. Schüler brachen zusammen und mussten ins Krankenhaus gebracht werden, nachdem der ICE in Bielefeld schließlich gestoppt wurde und die Fahrgäste den defekten Zug verlassen durften. Mittlerweile häufen sich Berichte, nach denen es auch in Intercity-Zügen zu Ausfällen der Klimaanlage gekommen ist.

 

Die Bahn selbst spricht von drei betroffenen ICE-Zügen und rund 1.000 Passagieren. „Wir bedauern sehr, dass einzelne Fahrgäste auch gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten und sogar im Krankenhaus behandelt werden mussten“, entschuldigte sich der zuständige Vorstand Ulrich Homburg bei den Fahrgästen. Die Kunden sollen nun entschädigt werden. Für Verspätungen von mehr als einer Stunde gibt es 25 Prozent des Fahrpreises zurück, bei mehr als zwei Stunden 50 Prozent. Der Konzern ließ offen, ob die Hitzeopfer darüber hinaus noch mit zusätzlichen Ersatzleistungen rechnen können.

 

Das Eisenbahnbundesamt will die defekten Züge nun überprüfen. Ärger droht der Bahn auch von der Bundespolizei, die ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen eingeleitet hat. Dabei geht es um den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung sowie der unterlassenen Hilfeleistung. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, wären weitere Forderungen gegen die Bahn denkbar, Schmerzensgeld oder Schadenersatz.

 

Die Hersteller wollen mit dem neuerlichen Debakel bei der Bahn nichts zu tun haben. Für den technischen Zustand sei der Betreiber der Züge verantwortlich, stellt ein Sprecher von Siemens fest. Die Münchner führen das Industriekonsortium an, das die Hochgeschwindigkeitszüge herstellt. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will mit einer Gesetzesänderung bald für eine andere Verteilung der Verantwortung sorgen und die Industrie stärker in die Pflicht nehmen. Schon beim Chaos rund um die unsicheren Achsen des Schnellzuges gab es Streit um die Zuständigkeiten, der schließlich mit einer Teilung der Kosten für den Austausch endete.

 

Für den Fahrgastverband Pro Bahn ist der Hitzekollaps auf der Schiene eine Folge des Sparkurses bei der Bahn. Eine Generalüberholung der 15 Jahre alten Züge sei überfällig. Kritik gibt es auch wieder einmal am Zugpersonal. Reisende berichteten von überforderten Zugbegleitern. Die Bahn selbst verwies darauf, dass bereits vor der Hitzewelle die Vorräte an Wasser und Limonaden in den Zügen aufgestockt wurden. Dem Vorsitzenden des Verkehrsauschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Die Grünen) reicht diese Erklärung nicht aus. „Die Deutsche Bahn braucht für Ausnahmesituationen endlich einen gut einstudierten Plan B, damit den Reisenden schnell und unbürokratisch geholfen werden kann“, verlangt der Politiker. Hermann vermutet hinter dem Ausfall der Klimaanlagen ebenfalls Unzulänglichkeiten bei der Wartung der Züge.

 

 

 

 

 

 

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